10 Jahre Kunstverein Weiden e.V.
Jubiläumsausstellung
05.12.03—10.1.04
Was wäre die Geschichte einer Einrichtung für Kunst und Kreativität, deren eigentliche Gegenstände ja das Interface, die unbenennbare Nuance, der Zufall sind, wenn diese nicht auch der Glücks-Zu-Fall geadelt hätte! So gründet das jetzt zehnjährige Bestehen des Kunstverein Weiden, der dabei zweimal seinen Namen änderte und trotzdem für viele die Galerie hammer&herzer geblieben ist, nicht unbedingt in der Bedarfsflogik der Weidener Stadetentwicklung. Man schreibt das Jahr 93, der Eiserne Vorhang ist gefallen, die Stadt Max Regers floriert. Keine Leerstände, die weiteren kulturellen Pioniergeist animieren müssten. Wonach ökologischer Gaumen und Feingeist allerdings lange schon lechzen, ist ein vegetarisches Restaurant. Bauriedls betreten die Bühne am Unteren Markt. Als sie das ehemalige Hammer-Anwesen mit voller Oberpfälzer Al-ternativ-Kraft zum Cafe blaugold neuvermessen, umgebaut und gestaltet haben, taucht in Gestalt eines kleinen Stallgewölbes, für das sich keine angemessene Nutzung finden lässt, eine überraschende Option auf.
Der Geistesblitz, hierher einen Galeristen zu holen, ist nicht nur ein Treffer ins Schwarze gewesen, der den örtlichen KunstfreundInnen bis heute rund 200 Ausstellungen und events beschert hat. Er erweist sich seit zehn Jahren auch als ein ebenso zielsicherer Querschläger, der den Kunst-Treffpunkt Weiden mit Personen und Einrichtungen der regionalen, der angrenzenden tschechischen und der nationalen Szene nachhaltig in Verbindung bringt.
Eine fruchtbare Entwicklung, bei der 1999 der Zusammen-schluß kleinerer und größerer Oberpfälzer Kunsthäuser zur KoOpf, die Zusammenarbeit mit den Egerer und Prager Galerien G4 und MXM und nach dem Umzug des Kunstvereins in die Prachträume der Ledererstrasse 6 die Einricht-ung der Jugendgalerie ocwemodul im alten Ausstellungsraum zu Buche schlagen.
Der Mutterboden für dieses Wachstum setzt sich aus den Anregungen, Herausfoderungen und Unterstützungen zusammen, die der Kontakt mit den vereinlichen, freien und städtischen Trägerschaften des Weidener Kulturlebens bietet. Dabei nehmen auch Bdie Futura 87, wo sich he erste Sporen als Ausstellungsmacher verdiente, die Initiativkreise um die BdA- Vortragsreihe „Regionales Bauen“ und das Buch- und Ausstellungsprojekt „Aktuelle Architektur der Oberpfalz“ aus dem Amberger Büro Wilhelm ebenso wie die Kinder&Jugend-Kunstschule der Museumspädago-gin Irene Fritz eine herausragende Stellung ein. Ihrer Tätigkeit widmet die Jubiläumsveranstaltung eine eigene Abteilung.Vor allem aber ist auf die Zusammenarbeit mit den Bayerisch-Böhmischen Kulturtagen vor Ort, den Weidener Max Reger Tagen und besonders auf die Weidener Litera-turtage hinzuweisen, die mit ihrem 1996er -Titel „Deutschland einig Vaterland“ hammer&herzer zur Suche nach dem durchschlagenden Ausstellungsbeitrag in die ehemalige DDR schickten.
Nachdem die berufsbedingte Nähe zur Jugend, „die auslöffeln muß, was die Alten einbrocken“, den Kunstlehrer und Kurator aus der Oberpfalz auf die Idee gebracht hatte, die Ost-Hochschulen abzuklappern, sollten sich der Projekt-Partner aus Wismar, Professor Valentin Rothmaler, und sein Freund Jürgen Schweinebraden auch noch als Schlüsselbund zur deutschen Gegenwartskunst herausstellen. Ohne sie wären die hochkarätigen Ausstellungen von F. E. Walther und Fritz Schwegler, mit denen uns die Stadt Weiden 00 und 02 beauftragte, ebenso wie Raffael Rheinsbergs Weidener Arbeit „In alle Richtungen“ und der damit verbundene Auftrieb nicht zustandegekommen.
Aus diesen und vielen anderen Namen noch, deren Klang größere und kleinere Kreise verbindet, hat der Kunstverein 10 Jahresprogramme z.T. unter den Titeln „regionale 97“, „Jahr der Liebe - oder Der mutige Hase“, „relate“, „Hausaufgabe“ und „Noch mehr Hausaufgaben“ komponiert. Sie sind auf der Titelseite als Kleingedrucktes nachzulesen. Da begegnen wir noch einmal Thom Argauer, Bob Biendl, Max Bresele, Hans Burmeister, Rudi Pospieszczyk, Herbert Rieder, Beate Schuster und Helge Weindler. Namen in Stein gehauen. Die Betreffenden leben nicht mehr.
Die Jubiläumsfeier, auf der Sie ein Wochenende lang das Bildnis des Kunstvereins im Weidener Pressespiegel bet-rachten können, steht unter dem Titel „Entschleunigte Zone“. Das Verkehrszeichen, das die Bildseite zeigt, soll im Kielwasser von Stan Nadolnys Epochenroman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ vor einer Gefahr warnen, die der Kunst auch gerade im Kunstbetrieb droht.
Der Verlust der Muße.
Eine andere Form des Betriebsporträts liefert die Ausstellung mit eigenen Zeichnungen und Gemälden des Vereinsleiters, die im vergangenen Jahrzehnt parallel zu den Fremd-Ausstellungen entstanden sind. Selbstverständlich unterliegen Kunstvermittler, die selber malen, einem ungeschriebenen Heimspielverbot. Wenn nach heutiger Auffassung aber Kunstinstitutionen Labore sind, in denen aus verschiedenen Bestandteilen - natürlich auch aus dem Werk - Kunst entsteht, ist es nur aufschlußreich, auch ein-mal den Faktor Kunstvereinsleiter, dessen mögliche Befangenheit in der eigenen Produktion, zum Gegenstand einer Ausstellung zu machen.
Was könnte die Rückschau auf unsere Herakles-Tat, die sich mittlerweile aus den Spielzügen vieler zusammen-setzt, besser abrunden als eine künstlerische Manifesta-tion des Begriffs Partnerschaft.Wilma Rapf-Karikari und Ingo Kübler, die in Regensburg die Druckerei „Kartenhaus-kollektiv“ betreiben, vereinen in der Edition ihres „Kunstpartnerkalenders“ die Funktionen einer Artothek, einer öf-fentlichen Sammlung und einer KünstlerInnen-Agentur. Die Trägerschaft dieses ambulanten Museumsbetriebes, der seit 11 Jahren zu den Leuten in die Wohnungen geht, bilden Betriebe, Privatpersonen, Büros, die den Zwölfer-pack Oberpfalz-Kunst für ihre weihnachtliche PR-Aktion ordern. Nach der Erstpräsentation in Regensburg gibt`s die Kalender und die 12 Originalarbeiten jetzt auch im Kunstverein Weiden. Hurra, wir leben noch! Weitergeben!
2 Jahre „Quite Early one Morning“
Weidener Talente an den Akademien
De ır Traum vom Künstlerleben; es ist keine Abbey-Road-Fata-Morgana, die sich eine Woche nach seinem Zehnjährigen im Kunstverein einnistet, sondern 8x Weidener Nachwuchs, der auf`s Semester zurückblickt, auf Arbeit am Bestand kollektiver Mythen. Es war eine Zeit der Neuorientierungen, von Klassenprojekten im Ausland, erster Einzelaustellungen, des Hochgefühls, für ein Stipendium vorgeschlagen zu werden, der Landschaftsmalerei bei sizilianischer Zikadenmusik, des Jobbens u.a. im Kasseler Friedrizianum, eigener Lichtung im Großstadtdschungel.
Was gibt`s zu sehen? Milch & Honig? Der Oberpfalz-in-Europa-Gedanke, der auch im AusstellerInnenkreis an ver-einseigener Kaffeebar diskutiert wurde, nimmt dabei im Beuysschen Bild von der Rückkehr in den Bienenstock Gestalt an.