Museum
Max Bresele
Geöffnet
Do–Sa 19–22 Uhr und Sonntag 14-18 Uhr
Eingang durch das
Vereinslokal Neues Linda
auch mit Soforttermin
und nach tel. Vereinbarung
0151 61 48 17 10,
0961 46 308
Das Museum Max Bresele in Weiden in der Oberpfalz
Bleibende Werte zwischen Müll und Museum
Max Bresele war ein Oberpfälzer Künstler, der 1944 in Fronberg/Schwandorf geboren wurde. 1998 verstarb er an einem Krebsleiden, kurz nach seiner legendären Kassel-Fahrt auf dem Moped mit Anhänger voller Eigenkunst, die er im Off der documenta 10 als EXIS-ART made in Oberpfalz angeboten und verkauft hatte. Sein umfangreicher Nachlass wird vom Kunstverein Weiden verwaltet und ist seit 2017 in zwei Räumen des Kunstvereins unter dem Titel Museum Max Bresele zu sehen.
Bresele, der als Außenseiter- und Recycling-Künstler oder LKW(Lebenskunstwerk) bezeichnet werden kann, war ein All-Round-Künstler, der in den Bereichen Buch, Film, Malerei, Plastik, Möbel etc gleichermaßen tätig war.
Der gelernte Buchdrucker hatte nach seiner Ausbildung in den 1970er Jahren die westeuropäische Aussteigerszene punktuell durchreist, wo er sich mit dem Verkauf von Objekten aus Treibgut und von Malerei durchschlug, er knüpfte in dem Zeitraum auch Kontakte zu Vertretern der experimentellen Film-und Musik-Welt.
Ernst ist das Leben, heiter die Kunst. Ganz gewiss hat Schiller bei dieser Zeile aus »Wallensteins Lager« keinen Gedanken auf den Künstlernachlass verwendet, d.h. auf die Frage, was von der Kunst über die Existenz ihrer Hersteller hinaus bleiben soll. Bleibende Werte, was soll aus Euch werden? Dass der Künstlernachlass ein wesentlicher, vergleichsweise aber so gut wie gar nicht thematisierter Teil der Künstler-Vita und des Kunstbetriebs ist, hat der Kunstverein Weiden 1998 im achten Jahr seines Bestehens erfahren und im Gefühl großer Verlorenheit auf die Agenda gesetzt. Es ging um Max Bresele, Geburtsjahrgang um das Kriegsende, aufgewachsen im deutsch-tschechischen Grenzland am Eisernen Vorhang, einer, der was aushält, tot in der Blüte seiner Jahre. Tausend Exponate standen vor der Alternative Müll-Verbrennung oder Museum. Dass der Kunstverein Weiden mit dieser Frage nicht alleine ist, ist lebensspezifische Normalität, gleichwohl keine kollektive Erfahrung der Art, die bis heute im Mittelbau des Kunstbetriebs zum Handeln geführt hätte. Der BBK München allerdings setzte diesbezüglich 2017 mit einem Symposion unter dem Titel »Halbwertzeichen – Langwertzeichen« ein längst fälliges Signal. 20 Jahre nach Breseles Tod ist der Kunstverein Weiden unter den Referenten und Aussteller/innen.
Er lebte meist unter der Armutsgrenze. Umso reicher und umfassender war sein Werk. Er ließ sich in den 1980er Jahren im oberpfälzischen Uckersdorf am Rande einer Landkommune nieder, ein kleines zugiges Gebäude, das als Stall und Scheune gedient hatte, wurde Wohnung, Atelier, Werkstatt und Lager. Das Lager umfasst zuletzt knapp 1000 Objekte, darunter sehr viel Assemblagen mit expressiv-technoiden Stil-Akzenten.
Dieses Jahrzehnt stand ganz unter dem Zeichen des bürgerlichen Ungehorsams aus der Oberpfälzer Bevölkerung, die sich gegen die Staatsentscheidung, in der Oberpfalz eine Atomfabrik vom Typ WAA bauen zu lassen, auflehnte. Diese Umstände, die die Region Oberpfalz in einen gesellschaftlichen Ausnahmezustand versetzten, schafften auch einen zeitgeschichtlichen und mentalen Rahmen, der das utopische Denken insgesamt stimulierte.
Mit Max Bresele schuf sie sich eine Symbolfigur. Der Künstler setzte seine Überzeugungen nicht nur bildnerisch um, er lebte die Theorie, er hatte seinen eigenen antikapitalistischen Weg gefunden, über den der Einzelgänger und Außenseiter während der Schaffenspausen auch gerne in Wirtshäusern diskutierte.
Für das Andenken des Künstlers und seiner Zeit hat der Kunstverein Weiden 2017 in seinen Ausstellungsräumen zwei Extra-Räume als Museum Max Bresele eingerichtet, ein Patch-Work, das bereits auch etliche Zeit-Zeugen der wilden 1980er Jahre in der Oberpfalz motiviert hat, ihre Erinnerungen einzubringen.
Wolfgang Herzer
Karren der Depression
10 von 45, datiert: Köln 10.1996, Zeitungsdruck Kölner Volksblatt,
Farb-Fotografien: (unbekannte) Frau, Kind und Künstler, Karren in Bewegung
Max Musik
documenta x / Kassel
21.06. - 28.09.1997
letzte Fahrt: Max Bresele als Kunst-Schausteller im documenta-Aussenbereich
Im Garten Fuhrpark
undatiert, 1990er Jahre, Besuch bei Max ( der Historiker fragt: wer seid Ihr?), Garten-Fuhr-Park der Karren der Depression
WAA-Gegenkultur/
Verschiedenes
Uli Otto: Kultur gegen die WAA / Studien, Betrachtungen, Sammlung (insbesondere zur Musik im Widerstand)
Beiträge
Als Verwalter des Nachlasses von Max Bresele sind wir natürlich auch an den immateriellen Dingen die Max Bresle zurückgelassen hat interessiert. Wir freuen uns über Ihre Anekdoten und Erinnerungen jeglicher Art.
Erinnerung an MAX BRESELE
„Ketchdown“… noch heute habe ich jedes Mal, wenn ich zur Ketchupflasche greife das verschmitzte „Ketchdown“ der tiefen Stimme im Ohr. Ich habe als Kind Ketchup geliebt (zu Hause gab´s meist gesunde Vollwertküche, wohl daher) - und so hatte Max meinen Punkt getroffen und mir nicht schlecht imponiert mit seinem Witz. Und er hatte Freude daran, als er sah, dass ich seinen Witz gut fand. Verstanden haben wir uns schon gut.
Meine Mutter (Miša) war, sagen wir, eine Muse von Max Bresele. Er war exotisch und wild. In sein Haus (oder seinen Schuppen) in Uckersdorf kam man ja nur im Hindurchschlängeln durch alte Möbel (oder -Reste), Gerätschaften und Gerümpel, das im Garten herumstand. Die Eingangstür ging damals gar nicht richtig auf, ich musste seitlich hinein gehen um drinnen noch mehr Gerümpel zu erblicken. Spannend! Überall stand alles voll. Viel zu entdecken für ein Kind. Und auch noch eine getigerte Katze - die Muckel - die einzige Katze, die Salat gefressen hat. Ich habe es gesehen. Max mochte Muckel sehr, sie war oft auf seinem Schoß und genoss seine Streicheleinheiten. Ich glaube mich zu erinnern, dass Max oben unter freiem Himmel auf einem Strohhaufen geschlafen hat - vermutlich war das im Sommer. Max war öfter auch bei uns in der Wohnung in Nabburg. Ich wusste sofort wenn er da war - er roch nicht so gut. Ehrlich gesagt konnte er sogar ziemlich stinken. Wenn er dann mal unter die Dusche musste (Anweisung von meiner Mutter), dann bekam das jeder mit. Unser kleines Badezimmer war nachher überflutet! Aber das war ihm wurscht. Er hinterließ es einfach triefend. Ob er selbst danach sauberer war, das lass ich mal dahingestellt.
Er war ein guter Koch - manchmal kochte er was für uns. Ich kann mich noch an die Algensuppe erinnern - skeptisch war ich, aber lecker war sie. Bis heute weiß ich nicht, woher er diese Algen hatte…vielleicht hatte er sie zuvor aus der Naab gefischt. Das Fotoshooting zu seinen „Karren der Depression“ war unter freiem Himmel in Uckersdorf. Ich fand seine Karren toll und gleichzeitig war es mir als Vollpubertierende wahnsinnig peinlich, auf einer Holzkarre vor einem Fernseher zu sitzen und dabei fotografiert zu werden. Noch dazu wo meine Mutter im Pelzmantel herumspazierte. Das wollte Max aber so. Ich glaube, er fand sie ziemlich hübsch, er konnte sie nämlich ziemlich intensiv ansehen. Das sah ich als Kind sogar durch seine dicke Hornbrille durch. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange die beiden zusammen waren, aber ich kann mich an den Bruch erinnern. Meine Mutter feierte Geburtstag. Ende März, es war noch kühl und unsere kleine Küche war voller Gäste. Es floss wie immer reichlich Wein zu gutem Essen und ausgelassener Stimmung. Da klingelte es - es war Max. Ich weiß nicht, ob sie ihn nicht eingeladen hatte, oder ob es nur eine seiner Launen und der Alkoholpegel waren. Er ging lauthals auf meine Mutter los und auf ihre Gäste… “Kapitalistenschwein, Kapitalistenschwein…!“ dröhnte es aus seinem Munde als er kurze Zeit später die Treppen hinunter gondelte. Ich verstand nicht ganz, was da vor sich ging. Noch weniger gefiel mir, dass meine Mutter ihm hinterher rannte. Immer Drama. Da passten die zwei wohl zusammen, wie die Faust aufs Auge.
Einmal haben Max und ich ein Regal zusammen gebaut - weil wir eines gebraucht haben. Er hat gemeint, das muss man ja nicht kaufen! Vier Weidenäste und ein, zwei Holzkistchen später waren wir schon an der Arbeit. Mir hat das irrsinnig Spaß gemacht. Er war sehr lustig, immer hatte er irgendwelche Wortwitze parat und fand alles ziemlich komisch. Bei der Arbeit war er sehr genau - ich folgte seinen Anweisungen und wir hatten mit Schnüren und Nägeln einige Zeit später ein tolles Regal fertig. Mit drei Fächern - oben für das Festnetztelefon, auf dem zweiten fand das dicke Telefonbuch Platz und auf dem dritten Schreibzeugs. Tolle Kombination aus grünen Ästen und den hellbraunen Brettchen aus der Kiste. Ich fand Gefallen an seinem Sinn für Ästhetik und an seinem Eifer - er brachte es zu Ende. Ohne zu maulen, er hatte sehr viel Spaß am Arbeiten, das hat mir so imponiert. Das Regal steht heute noch bei meiner Mutter in der Küche - hält was es verspricht.
Ich weiß noch, dass ich kurz bevor wir im Jahr ´98 nach Slowenien zogen, von Max´ Unfall erfuhr. Es tat mir sehr leid. Ich konnte mich an sein kleines rotes Auto gut erinnern (ich glaube ein Renault 5) aus dem er hinter seinem dicken Bart und seiner Brille herausglurte. Vor ein paar Jahren war ich mit Freunden in Uckersdorf. Alles war heruntergekommen, verlassen und leer. Ich habe eine kleine Figur entdeckt, so eine, die man sich früher an den Christbaum gehängt hat. Die habe ich mitgenommen. Als Erinnerung. An den schrägen Vogel - den ich unheimlich und lustig zugleich fand.
Also „Ketchdown“ - das übernimmt mittlerweile jedes Mal mein Mann. Der Wortwitz ist geblieben und auch die Idee, das Leben nicht immer so bierernst zu nehmen - und Dinge selber machen! Nicht kaufen, selber machen! Danke Max.
Urša Centner-Francé
Erinnerungen von Ortwin Reinke.
Am So. 16.7. 2017 rief der gebürtige Fronberger im Kunstverein an und stellte sich als alten Weggefährten von Max Bresele vor, der bis Anfang der 1980 er Jahre mit dem Künstler befreundet gewesen wäre, als der noch nicht Künstler war, wie er betonte. Max hätte sich öfters als Lebenskünstler bezeichnet. Er hätte das einfache Leben dem Komfort vorgezogen.
Er hätte bei seiner Cousine in Fronberg in einem Gartenhaus gewohnt, Besucher wären aufgefordert gewesen als Gastgeschenk einen Kübel Kohlen mitzubringen.
Aus der Zeitung hätte OR von der Eröffnung des Museum Max Bresele gelesen, er wollte einen Besuch machen und auf diesem Weg Abschied von seinem Jugendfreund nehmen, dessen Tod und Beerdigung außerhalb seiner Wahrnehmung stattgefunden hätten, weil man in den letzten Jahren nicht mehr so intensiv in Kontakt gestanden hätte.
Ortwin Reinke kam im schwarzen Lederdress des Motorradfahrers an, Jahrgang 1948, also vier Jahre jünger als Max, beide aus Fronberg, Ortwin lernte Elektrotechnik, Max Offset-Druck ( beim Schwiegervater von Fritz Thiem) einer der damals bestens bezahlten Berufe, stellte Orwin fest.
Max wäre allem Technischen gegenüber aufgeschlossen gewesen, wie er. Als dann Anfang der 1980er Jahre die WAA gebaut werden sollte, waren sie, trotz gemeinsamer Technik-Begeisterung, verschiedener Meinung. Aber es hätte nie Streit gegeben, versicherte Ortwin. Aber die WAA hätte ihn politisiert.
Max hätte noch einen Bruder gehabt, Max wäre ein umgänglicher Mensch gewesen, der sich gewählt und respektvoll ausgedrückt hätte, immer wieder betonte Ortwin, dass er auch im Streitgespräch nie ausfallend geworden wäre, entsprechend rücksichtsvoll wäre auch sein Fahrstil gewesen, trotzdem hätte er einen tödlichen Verkehrsunfall mit verursacht, Alkohol am Steuer, die Jungen Leute auf dem Moped hätten die Vorfahrt nicht beachtet. Max hätte einen roten RF gefahren, den der Kurator des MMB selber noch kennengelernt hatte, auf einer Fahrt mit Kunstwerken zu oder von einer Ausstellung fiel eine Türe aus der Angel und konnte gerade noch festgehalten werden. Es gab immer viel zu lachen.
Ortwin und Max hätten sich Mitte der 1960er Jahre in einer Schwandorfer Kellerbar bei Freunden kennengelernt, ein Besäufnis wie so viele,
an jenem Abend hätten sie Maxens Angebot, sich von ihm im Auto heimfahren zu lassen angenommen, hinterher hätten sie sich gefragt, warum sie nicht zu Fuß gegangen wären, so langsam und vorsichtig wäre er gefahren. Damals hätte er noch keinen Bart gehabt, das wäre erst später gekommen. In dieser Zeit wäre ja auch auf den Straßen noch nicht kontrolliert worden, Alkohol am Steuer wäre ein Kavaliersdelikt gewesen.
Max wäre 1966 einer der ersten gewesen, der ein Motorrad gehabt hätte, Sie waren dann zu viert, Max und er und noch zwei andere, Max hätte eine Adler gehabt, dann hätte es noch die Marken Horax und BMW gegeben, damit wäre man auf die Kneipentour gefahren. Kein Rockertum, das gab es noch nicht, einfach gemütlich, in Hemd und Jeans. In dieser Zeit hätten der Max und der Eimer-Toni auch ein Filmprojekt im Super-8-Format durchgeführt.
Was daraus geworden wäre, wüsste er nicht mehr.
Max hätte sich für vier Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet gehabt, 1966 – 1970, er wäre Funker gewesen und wäre bei der Funkabhörung beschäftigt gewesen, weshalb er auch Russisch gelernt hätte.
Danach wäre er 10 Jahre in Hamburg gewesen, meinte Ortwin, dort hätte er auch eine Freundin gehabt, eine Fernsehmoderatorin, die später mit ihren zwei Katzen öfters in die Oberpfalz gekommen wäre, seine finanziellen Verhältnisse wären dank der Bundeswehr-Abfindung und der Bezahlung als Offsetdrucker sehr gut gewesen, so dass er sich nach seiner Rückkehr 1980 in Zangenstein ein Haus hätte kaufen können. Hier hätte er als Reparateur von Fahrrädern und anderem gearbeitet und auch schon Kunstobjekte angefertigt. Er wäre viel auf Flohmärkten unterwegs gewesen, um seine Kunstwerke und künstlerisch hergerichtete Möbel zu verkaufen.
Den Umzug nach Uckersdorf ganz in der Nähe von Zangenstein könnte er nicht mehr datieren, sagte OR, er hätte sich mit Max ab und zu beim Wilholm, in der Kneipe an der Hauptstraße, getroffen, wo es den Berg hinauf geht am Wildschwein-Gehege vom Fischer Franz vorbei nach Uckersdorf.
Max Bresele und das Wenschow-Haus in München
Als ich Max Bresele Mitte der 1980er Jahre kennen gelernt habe, befand sich sein Atelier im Wenschow-Haus in der Leopoldstraße in München. Das Wenschow-Haus war ein leer stehendes, zum Abriss bestimmtes Industriegebäude, ca. 100 jährig, solide gebaut und sehr geräumig. Zuletzt befand sich darin unter anderem eine Druckerei.
Max nutzte dieses Gebäude als Atelier. Er besetzte eine ganze Etage und nutzte die verschiedenen Räume als Schreinerei für seine Möbel, als Schlosserei, als Fotolabor, und natürlich als Lager. Das Gebäude eröffnete ihm ungeahnte künstlerische Möglichkeiten, da die endlosen Gänge und ein noch funktionierender Lastenaufzug in zentrale Lage in München keine bessere Arbeitsstätte sein konnte.
Hier entstanden meines Wissens die ersten Möbel, einige Bücher, und viele Objekte, Objektkästen, Metallskulpturen, und so weiter. Er entwickelte eine ungeheure Kreativität, die keine Grenzen kannte. Lange Zeit konnte er das Gebäude sozusagen als blinder Passagier nutzen, bis die Abrissgenehmigung seinem Schaffen ein jähes Ende bescherte. Da er das Gebäude „schwarz“ nutzte, wurde er von den Abrissmaschinen gleichsam aus dem Schlaf gerissen und konnte viel seiner Arbeiten nicht mehr retten. Das war das Ende seines Münchner Aufenthaltes, er verreiste nach Portugal, für ein halbes Jahr. Danach kehrte er München den Rücken und zog in die Oberpfalz.
Peider A. Defilla/ B.O.A. Videofilmkunst
Museum
Max Bresele
Geöffnet
Do–Sa 19–22 Uhr und Sonntag 14-18 Uhr
Eingang durch das
Vereinslokal Neues Linda
auch mit Soforttermin
und nach tel. Vereinbarung
0151 61 48 17 10,
0961 46 308
Das Museum Max Bresele in Weiden in der Oberpfalz
Bleibende Werte zwischen Müll und Museum
Max Bresele war ein Oberpfälzer Künstler, der 1944 in Fronberg/Schwandorf geboren wurde. 1998 verstarb er an einem Krebsleiden, kurz nach seiner legendären Kassel-Fahrt auf dem Moped mit Anhänger voller Eigenkunst, die er im Off der documenta 10 als EXIS-ART made in Oberpfalz angeboten und verkauft hatte. Sein umfangreicher Nachlass wird vom Kunstverein Weiden verwaltet und ist seit 2017 in zwei Räumen des Kunstvereins unter dem Titel Museum Max Bresele zu sehen.
Bresele, der als Außenseiter- und Recycling-Künstler oder LKW(Lebenskunstwerk) bezeichnet werden kann, war ein All-Round-Künstler, der in den Bereichen Buch, Film, Malerei, Plastik, Möbel etc gleichermaßen tätig war.
Der gelernte Buchdrucker hatte nach seiner Ausbildung in den 1970er Jahren die westeuropäische Aussteigerszene punktuell durchreist, wo er sich mit dem Verkauf von Objekten aus Treibgut und von Malerei durchschlug, er knüpfte in dem Zeitraum auch Kontakte zu Vertretern der experimentellen Film-und Musik-Welt.
Ernst ist das Leben, heiter die Kunst. Ganz gewiss hat Schiller bei dieser Zeile aus »Wallensteins Lager« keinen Gedanken auf den Künstlernachlass verwendet, d.h. auf die Frage, was von der Kunst über die Existenz ihrer Hersteller hinaus bleiben soll. Bleibende Werte, was soll aus Euch werden? Dass der Künstlernachlass ein wesentlicher, vergleichsweise aber so gut wie gar nicht thematisierter Teil der Künstler-Vita und des Kunstbetriebs ist, hat der Kunstverein Weiden 1998 im achten Jahr seines Bestehens erfahren und im Gefühl großer Verlorenheit auf die Agenda gesetzt. Es ging um Max Bresele, Geburtsjahrgang um das Kriegsende, aufgewachsen im deutsch-tschechischen Grenzland am Eisernen Vorhang, einer, der was aushält, tot in der Blüte seiner Jahre. Tausend Exponate standen vor der Alternative Müll-Verbrennung oder Museum. Dass der Kunstverein Weiden mit dieser Frage nicht alleine ist, ist lebensspezifische Normalität, gleichwohl keine kollektive Erfahrung der Art, die bis heute im Mittelbau des Kunstbetriebs zum Handeln geführt hätte. Der BBK München allerdings setzte diesbezüglich 2017 mit einem Symposion unter dem Titel »Halbwertzeichen – Langwertzeichen« ein längst fälliges Signal. 20 Jahre nach Breseles Tod ist der Kunstverein Weiden unter den Referenten und Aussteller/innen.
Er lebte meist unter der Armutsgrenze. Umso reicher und umfassender war sein Werk. Er ließ sich in den 1980er Jahren im oberpfälzischen Uckersdorf am Rande einer Landkommune nieder, ein kleines zugiges Gebäude, das als Stall und Scheune gedient hatte, wurde Wohnung, Atelier, Werkstatt und Lager. Das Lager umfasst zuletzt knapp 1000 Objekte, darunter sehr viel Assemblagen mit expressiv-technoiden Stil-Akzenten.
Dieses Jahrzehnt stand ganz unter dem Zeichen des bürgerlichen Ungehorsams aus der Oberpfälzer Bevölkerung, die sich gegen die Staatsentscheidung, in der Oberpfalz eine Atomfabrik vom Typ WAA bauen zu lassen, auflehnte. Diese Umstände, die die Region Oberpfalz in einen gesellschaftlichen Ausnahmezustand versetzten, schafften auch einen zeitgeschichtlichen und mentalen Rahmen, der das utopische Denken insgesamt stimulierte.
Mit Max Bresele schuf sie sich eine Symbolfigur. Der Künstler setzte seine Überzeugungen nicht nur bildnerisch um, er lebte die Theorie, er hatte seinen eigenen antikapitalistischen Weg gefunden, über den der Einzelgänger und Außenseiter während der Schaffenspausen auch gerne in Wirtshäusern diskutierte.
Für das Andenken des Künstlers und seiner Zeit hat der Kunstverein Weiden 2017 in seinen Ausstellungsräumen zwei Extra-Räume als Museum Max Bresele eingerichtet, ein Patch-Work, das bereits auch etliche Zeit-Zeugen der wilden 1980er Jahre in der Oberpfalz motiviert hat, ihre Erinnerungen einzubringen.
Wolfgang Herzer
Beiträge
Als Verwalter des Nachlasses von Max Bresele sind wir natürlich auch an den immateriellen Dingen die Max Bresle zurückgelassen hat interessiert. Wir freuen uns über Ihre Anekdoten und Erinnerungen jeglicher Art.
Erinnerung an MAX BRESELE
„Ketchdown“… noch heute habe ich jedes Mal, wenn ich zur Ketchupflasche greife das verschmitzte „Ketchdown“ der tiefen Stimme im Ohr. Ich habe als Kind Ketchup geliebt (zu Hause gab´s meist gesunde Vollwertküche, wohl daher) - und so hatte Max meinen Punkt getroffen und mir nicht schlecht imponiert mit seinem Witz. Und er hatte Freude daran, als er sah, dass ich seinen Witz gut fand. Verstanden haben wir uns schon gut.
Meine Mutter (Miša) war, sagen wir, eine Muse von Max Bresele. Er war exotisch und wild. In sein Haus (oder seinen Schuppen) in Uckersdorf kam man ja nur im Hindurchschlängeln durch alte Möbel (oder -Reste), Gerätschaften und Gerümpel, das im Garten herumstand. Die Eingangstür ging damals gar nicht richtig auf, ich musste seitlich hinein gehen um drinnen noch mehr Gerümpel zu erblicken. Spannend! Überall stand alles voll. Viel zu entdecken für ein Kind. Und auch noch eine getigerte Katze - die Muckel - die einzige Katze, die Salat gefressen hat. Ich habe es gesehen. Max mochte Muckel sehr, sie war oft auf seinem Schoß und genoss seine Streicheleinheiten. Ich glaube mich zu erinnern, dass Max oben unter freiem Himmel auf einem Strohhaufen geschlafen hat - vermutlich war das im Sommer. Max war öfter auch bei uns in der Wohnung in Nabburg. Ich wusste sofort wenn er da war - er roch nicht so gut. Ehrlich gesagt konnte er sogar ziemlich stinken. Wenn er dann mal unter die Dusche musste (Anweisung von meiner Mutter), dann bekam das jeder mit. Unser kleines Badezimmer war nachher überflutet! Aber das war ihm wurscht. Er hinterließ es einfach triefend. Ob er selbst danach sauberer war, das lass ich mal dahingestellt.
Er war ein guter Koch - manchmal kochte er was für uns. Ich kann mich noch an die Algensuppe erinnern - skeptisch war ich, aber lecker war sie. Bis heute weiß ich nicht, woher er diese Algen hatte…vielleicht hatte er sie zuvor aus der Naab gefischt. Das Fotoshooting zu seinen „Karren der Depression“ war unter freiem Himmel in Uckersdorf. Ich fand seine Karren toll und gleichzeitig war es mir als Vollpubertierende wahnsinnig peinlich, auf einer Holzkarre vor einem Fernseher zu sitzen und dabei fotografiert zu werden. Noch dazu wo meine Mutter im Pelzmantel herumspazierte. Das wollte Max aber so. Ich glaube, er fand sie ziemlich hübsch, er konnte sie nämlich ziemlich intensiv ansehen. Das sah ich als Kind sogar durch seine dicke Hornbrille durch. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange die beiden zusammen waren, aber ich kann mich an den Bruch erinnern. Meine Mutter feierte Geburtstag. Ende März, es war noch kühl und unsere kleine Küche war voller Gäste. Es floss wie immer reichlich Wein zu gutem Essen und ausgelassener Stimmung. Da klingelte es - es war Max. Ich weiß nicht, ob sie ihn nicht eingeladen hatte, oder ob es nur eine seiner Launen und der Alkoholpegel waren. Er ging lauthals auf meine Mutter los und auf ihre Gäste… “Kapitalistenschwein, Kapitalistenschwein…!“ dröhnte es aus seinem Munde als er kurze Zeit später die Treppen hinunter gondelte. Ich verstand nicht ganz, was da vor sich ging. Noch weniger gefiel mir, dass meine Mutter ihm hinterher rannte. Immer Drama. Da passten die zwei wohl zusammen, wie die Faust aufs Auge.
Einmal haben Max und ich ein Regal zusammen gebaut - weil wir eines gebraucht haben. Er hat gemeint, das muss man ja nicht kaufen! Vier Weidenäste und ein, zwei Holzkistchen später waren wir schon an der Arbeit. Mir hat das irrsinnig Spaß gemacht. Er war sehr lustig, immer hatte er irgendwelche Wortwitze parat und fand alles ziemlich komisch. Bei der Arbeit war er sehr genau - ich folgte seinen Anweisungen und wir hatten mit Schnüren und Nägeln einige Zeit später ein tolles Regal fertig. Mit drei Fächern - oben für das Festnetztelefon, auf dem zweiten fand das dicke Telefonbuch Platz und auf dem dritten Schreibzeugs. Tolle Kombination aus grünen Ästen und den hellbraunen Brettchen aus der Kiste. Ich fand Gefallen an seinem Sinn für Ästhetik und an seinem Eifer - er brachte es zu Ende. Ohne zu maulen, er hatte sehr viel Spaß am Arbeiten, das hat mir so imponiert. Das Regal steht heute noch bei meiner Mutter in der Küche - hält was es verspricht.
Ich weiß noch, dass ich kurz bevor wir im Jahr ´98 nach Slowenien zogen, von Max´ Unfall erfuhr. Es tat mir sehr leid. Ich konnte mich an sein kleines rotes Auto gut erinnern (ich glaube ein Renault 5) aus dem er hinter seinem dicken Bart und seiner Brille herausglurte. Vor ein paar Jahren war ich mit Freunden in Uckersdorf. Alles war heruntergekommen, verlassen und leer. Ich habe eine kleine Figur entdeckt, so eine, die man sich früher an den Christbaum gehängt hat. Die habe ich mitgenommen. Als Erinnerung. An den schrägen Vogel - den ich unheimlich und lustig zugleich fand.
Also „Ketchdown“ - das übernimmt mittlerweile jedes Mal mein Mann. Der Wortwitz ist geblieben und auch die Idee, das Leben nicht immer so bierernst zu nehmen - und Dinge selber machen! Nicht kaufen, selber machen! Danke Max.
Urša Centner-Francé
Erinnerungen von Ortwin Reinke.
Am So. 16.7. 2017 rief der gebürtige Fronberger im Kunstverein an und stellte sich als alten Weggefährten von Max Bresele vor, der bis Anfang der 1980 er Jahre mit dem Künstler befreundet gewesen wäre, als der noch nicht Künstler war, wie er betonte. Max hätte sich öfters als Lebenskünstler bezeichnet. Er hätte das einfache Leben dem Komfort vorgezogen.
Er hätte bei seiner Cousine in Fronberg in einem Gartenhaus gewohnt, Besucher wären aufgefordert gewesen als Gastgeschenk einen Kübel Kohlen mitzubringen.
Aus der Zeitung hätte OR von der Eröffnung des Museum Max Bresele gelesen, er wollte einen Besuch machen und auf diesem Weg Abschied von seinem Jugendfreund nehmen, dessen Tod und Beerdigung außerhalb seiner Wahrnehmung stattgefunden hätten, weil man in den letzten Jahren nicht mehr so intensiv in Kontakt gestanden hätte.
Ortwin Reinke kam im schwarzen Lederdress des Motorradfahrers an, Jahrgang 1948, also vier Jahre jünger als Max, beide aus Fronberg, Ortwin lernte Elektrotechnik, Max Offset-Druck ( beim Schwiegervater von Fritz Thiem) einer der damals bestens bezahlten Berufe, stellte Orwin fest.
Max wäre allem Technischen gegenüber aufgeschlossen gewesen, wie er. Als dann Anfang der 1980er Jahre die WAA gebaut werden sollte, waren sie, trotz gemeinsamer Technik-Begeisterung, verschiedener Meinung. Aber es hätte nie Streit gegeben, versicherte Ortwin. Aber die WAA hätte ihn politisiert.
Max hätte noch einen Bruder gehabt, Max wäre ein umgänglicher Mensch gewesen, der sich gewählt und respektvoll ausgedrückt hätte, immer wieder betonte Ortwin, dass er auch im Streitgespräch nie ausfallend geworden wäre, entsprechend rücksichtsvoll wäre auch sein Fahrstil gewesen, trotzdem hätte er einen tödlichen Verkehrsunfall mit verursacht, Alkohol am Steuer, die Jungen Leute auf dem Moped hätten die Vorfahrt nicht beachtet. Max hätte einen roten RF gefahren, den der Kurator des MMB selber noch kennengelernt hatte, auf einer Fahrt mit Kunstwerken zu oder von einer Ausstellung fiel eine Türe aus der Angel und konnte gerade noch festgehalten werden. Es gab immer viel zu lachen.
Ortwin und Max hätten sich Mitte der 1960er Jahre in einer Schwandorfer Kellerbar bei Freunden kennengelernt, ein Besäufnis wie so viele,
an jenem Abend hätten sie Maxens Angebot, sich von ihm im Auto heimfahren zu lassen angenommen, hinterher hätten sie sich gefragt, warum sie nicht zu Fuß gegangen wären, so langsam und vorsichtig wäre er gefahren. Damals hätte er noch keinen Bart gehabt, das wäre erst später gekommen. In dieser Zeit wäre ja auch auf den Straßen noch nicht kontrolliert worden, Alkohol am Steuer wäre ein Kavaliersdelikt gewesen.
Max wäre 1966 einer der ersten gewesen, der ein Motorrad gehabt hätte, Sie waren dann zu viert, Max und er und noch zwei andere, Max hätte eine Adler gehabt, dann hätte es noch die Marken Horax und BMW gegeben, damit wäre man auf die Kneipentour gefahren. Kein Rockertum, das gab es noch nicht, einfach gemütlich, in Hemd und Jeans. In dieser Zeit hätten der Max und der Eimer-Toni auch ein Filmprojekt im Super-8-Format durchgeführt.
Was daraus geworden wäre, wüsste er nicht mehr.
Max hätte sich für vier Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet gehabt, 1966 – 1970, er wäre Funker gewesen und wäre bei der Funkabhörung beschäftigt gewesen, weshalb er auch Russisch gelernt hätte.
Danach wäre er 10 Jahre in Hamburg gewesen, meinte Ortwin, dort hätte er auch eine Freundin gehabt, eine Fernsehmoderatorin, die später mit ihren zwei Katzen öfters in die Oberpfalz gekommen wäre, seine finanziellen Verhältnisse wären dank der Bundeswehr-Abfindung und der Bezahlung als Offsetdrucker sehr gut gewesen, so dass er sich nach seiner Rückkehr 1980 in Zangenstein ein Haus hätte kaufen können. Hier hätte er als Reparateur von Fahrrädern und anderem gearbeitet und auch schon Kunstobjekte angefertigt. Er wäre viel auf Flohmärkten unterwegs gewesen, um seine Kunstwerke und künstlerisch hergerichtete Möbel zu verkaufen.
Den Umzug nach Uckersdorf ganz in der Nähe von Zangenstein könnte er nicht mehr datieren, sagte OR, er hätte sich mit Max ab und zu beim Wilholm, in der Kneipe an der Hauptstraße, getroffen, wo es den Berg hinauf geht am Wildschwein-Gehege vom Fischer Franz vorbei nach Uckersdorf.
Max Bresele und das Wenschow-Haus in München
Als ich Max Bresele Mitte der 1980er Jahre kennen gelernt habe, befand sich sein Atelier im Wenschow-Haus in der Leopoldstraße in München. Das Wenschow-Haus war ein leer stehendes, zum Abriss bestimmtes Industriegebäude, ca. 100 jährig, solide gebaut und sehr geräumig. Zuletzt befand sich darin unter anderem eine Druckerei.
Max nutzte dieses Gebäude als Atelier. Er besetzte eine ganze Etage und nutzte die verschiedenen Räume als Schreinerei für seine Möbel, als Schlosserei, als Fotolabor, und natürlich als Lager. Das Gebäude eröffnete ihm ungeahnte künstlerische Möglichkeiten, da die endlosen Gänge und ein noch funktionierender Lastenaufzug in zentrale Lage in München keine bessere Arbeitsstätte sein konnte.
Hier entstanden meines Wissens die ersten Möbel, einige Bücher, und viele Objekte, Objektkästen, Metallskulpturen, und so weiter. Er entwickelte eine ungeheure Kreativität, die keine Grenzen kannte. Lange Zeit konnte er das Gebäude sozusagen als blinder Passagier nutzen, bis die Abrissgenehmigung seinem Schaffen ein jähes Ende bescherte. Da er das Gebäude „schwarz“ nutzte, wurde er von den Abrissmaschinen gleichsam aus dem Schlaf gerissen und konnte viel seiner Arbeiten nicht mehr retten. Das war das Ende seines Münchner Aufenthaltes, er verreiste nach Portugal, für ein halbes Jahr. Danach kehrte er München den Rücken und zog in die Oberpfalz.
Peider A. Defilla/ B.O.A. Videofilmkunst