Everything is possible
Rayk Amelang, Stefan Fromberger, Jakub Hubálek
18.01.—17.02.13
Info
Der Maler Rayk Amelang (geb. 1977, Dessau) und der Bildhauer Stefan Fromberger (geb. 1975, Regensburg) gehören zur rührigen, aufstrebenden Junge- Kunst- Szene in Regensburg, die auch außerhalb der Oberpfalz ankommt. In enger Verbindung mit dem Regensburger Kunstverein GRAZ, der seit längerem als tragender Brückenkopf regionaler Kontakte zur osteuropäischen Kunst wirksam ist, entstand die Bekanntschaft mit dem Prager Maler Jakum Hubalek ( geb. 1983, Prag). Das Hauptthema der drei Kunst-Kollegen aus dem jung - vereinten östlichen Europa, ist das heutige Sich-Einfinden des Menschen in die eigene unklare menschliche Existenz.
Dabei vergleicht Amelang das Pendeln zwischen Authentizität und Konformität, zwischen Selbst-Entwurf und Muster mit den Grundzügen des Mal-Vorgangs selber, dem Auftragen und Überlagern von Farbschichten, dem Verdecken und Öffnen von Ein - und Durchblicken.
Die Anmutung der gedämpften und vorrangig unbunten Arbeiten ist nüchtern, sie entspricht einem diagnostischen Blick, der kühle Poesie nicht ausschließt. Die soziologischen Erkennungs-Zeichen der groß ins Bild gestellten Einzel-Figuren, Pose, Mimik, Out- Fit, sind im Ansatz (Selbst - ) portraithaft treffend dargestellt, im großen Zusammenhang aber bleibt die Ausführung betont andeutend, schematisch und flächig und lässt dem Farb-Auftrag eigene abstrakte Ausdrucks-Qualität zukommen. So symbolisiert der kreative Prozess, der Farb- Schichten und Umrisse ins kompositorische Verhältnis zur rohen Leinwand bringt, auch die soziologische Kraft, der das individuelle und gemeinschaftliche Dasein entspringt.
Stefan Frombergers Stilprinzip ist das Tropfenförmige, Molchartige. Sein Plastic- People besteht aus melancholischen Mischwesen von bestechender Eleganz und beinah renaissancehafter Schönheit, in denen die Evolution weitergeht: aber wohin? Die Grenzen zwischen Tier und Mensch haben sich verflüssigt. Einerseits scheint der Mensch der Zukunft, den uns Fromberger in seinen kleinen und großen Plastiken vermittelt, auf der Primaten-Brücke, die den Menschen mit der Tierwelt verbindet, zurückgehen zu wollen, zurück zur ursprünglichen Herkunft allen Lebens aus dem Wasser, dem tropfenden Element. Andererseits scheint er den Labors der genetischen Code-Knacker, Cyborgs und Polyurethan-Alchimisten entsprungen zu sein.
Letztere arbeiten in Frombergers Kosmos auch an der Züchtung des Mondkalbes und der Allgemeinen Mumifizierung. Ob das zu besseren Lebensverhältnissen führt? Die Figur des Prof. Dr. Kleinsorge, der in einer beispielhaften Kombination aus paradiesischer Nacktheit, Frankenstein- Elektroden und Aktentasche auf Frombergers Schöne-Neue-Welt-Bühne tritt, traut man sich nicht zu fragen. Schon zu oft scheint er die Frage gehört zu haben. Offensichtlich aber wird der kommende Mensch wesentlich mehr Molch sein, als man bislang dachte.
Ist das nicht ein ermutigender Hinweis, mit Blick auf die Folgen des Klima-Wandels: Es gibt doch einen großen Plan, in dem alles auf Wunderbarste eingerichtet ist: Der Kreis schließt sich, die Krone der Schöpfung kommt an, sie kehrt ins Wasser zurück.
Grenzüberschreitungen auch in Jakub Hubaleks stimmungsgeladenen Gemälden, auch hier wird der Mal-Prozess, der breite Pinselstrich, der verwischte Rand, das räumliche Arrangieren monochromer, gedämpft dunkler, flaschengrüner Farbflächen selber zu Metapher einer geheimnisvollen Macht. Stilistisch bewegt sich Hubaleks Malerei im Bereich des veristischen Realismus, sie pflegt die gemalte fotografische Unschärfe. Fließende abstrakte Flächen werden kulissenartig zusammen geschoben, transparente Wände umschließen Interieurs, lassen Fenster frei, vergessen Türen zu schließen, mischen unterschiedliche Bezugs-Ebenen. Und sie bleiben bei all dem Medium, im Fluss befindliche Malbewegung, die mit der Farbe des Chlorophylls Nährböden anlegt und Gewächs-Häuser aufstellt und dem Betrachter eine Brille von unbestimmtem Grün aufsetzt. Im Zwielicht farbiger Eigenhelligkeit nehmen hier bizarre Kulturen mensch-tier-pflanzlich-technischen Lebens Gestalt an. Soft-Machines und anderes kybernetisch-organisches Geschehen treffen sich im Ein-Zimmer-Appartement über den nächtlichen Dächern von Prag.
Hubaleks Methode lässt das Fremdartige und das Bekannte, das Organische und das Technische, das Natürliche und das Übernatürliche wechselseitig auseinander entstehen. Damit mag der Künstler auch auf spezifisch mediale Qualitäten anspielen, für die das historische Prag berühmt ist.
Horch, wer klopft an? Es könnte der Golem sein.
Wolfgang Herzer