Gesichter einer Landschaft
Wolfgang Zielonkowski Fotografie, Portraits regionaler Künstler und Bilder aus dem Bayerischen Wald
24.10.—23.11.08
Info
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich, Sie heute zur Eröffnung der Ausstellung „Gesichter einer Landschaft – die ostbayerische Landschaft – Ihre Künstlerinnen und Künstler“ begrüßen zu können.
Das herzlichste Willkommen gilt dem Autoren der beeindruckenden Fotografien, Dr. Wolfgang Zielonkowski,
weiterhin möchte ich besonders begrüßen:
Lassen Sie mich kurz das Wahrnehmungsfeld, das Ihnen diese Ausstellung eröffnet, für Ihren folgenden Eigen-Gebrauch vorstrukturieren.
Das hat etwas Beamtenmäßiges, ich kann nun mal nicht aus meiner Pädagogenhaut, es wird auch ganz gern angenommen, aber es geht auch anders, möchte ich erwähnen, in manchen Ausstellungseinrichtungen gibt es keine Eröffnungsreden, da muss dann nichts fehlen, auch dort ist eine Absicht wirksam, der Geist der Offenheit und die selbsttätige Spontaneität in der Wahrnehmung der Betrachter finden hier ihren unregelementierten Möglichkeitsraum.
Dieser Gedanke zum Eröffnungsstil hat unmittelbar mit dem Ausstellungsthema und dem ausstellenden Künstler selber zu tun: einmal der gestaltete Raum der Kulturlandschaft und die Naturlandschaft, und zum anderen: der Künstler, der tritt hier als Platzhalter geistiger schöpferischer Freiheit im Spannungsfeld von Mutter Natur und Vater Staat auf.
„Ach wie hasse ich beide! “, räsonierte einst Günther Eich über dieses Thema, zeitweiliger Mitdenker und Opfer einer deutschen Staatstheorie, die auf Blut-und Boden gegründet war.
Wolfgang Zielonkowski war von 1970 an 20 Jahre lang
Verwaltungsmann im bayerischen Staatsministerium.
In der Vita des Künstlers Zielonkowski tritt erst später das namentlich Künstlerische auf, der Großteil der frühen und mittleren Vita bringt das Künstlerische, etwas Fotografie und etwas Graphik, in Freizeit und Schublade unter, doch liest man die Stichworte zu den einzelnen Lebens-und Berufsetappen, stößt man auf eine Unruhe, eine Dynamik, ein Es-Wissen-und- in-Gestalt-Bringen-Wollen, das dem traditionellen Bild des um eine Idee ringenden Künstlers in nichts nachsteht, hier scheint das eigene Leben, um wieder einmal Beuys zu zitieren, als zu gestaltendes Stück sozialer Plastik angenommen zu werden, welche die in der herkömmlichen Wahrnehmung getrennten Bereiche Kultur und Natur als Ganzes zusammenfasst,
hier drängt eine ganz individuelle Gedankenwelt in engster Verbindung mit den Verfassungswerten Naturschutz und Kulturförderung ins Engagement, das Persönliches und ur-bürgerlichenBeruf nicht mehr trennt, das auch außerhalb des beamtlichen Berufsrahmens Wege findet, u.a. als Dozent durch Vermittlung, Aufklärung, Bildung Anstoß zu geben.
Der 1940 geborene Breslauer Wolfgang Zielonkowski besuchte 1950 bis 1958 die Schule in Regensburg, absolvierte eine Gärtnerlehre, studierte Garten-und Landschaftsgestaltung in Weihenstephan, wurde freier Garten- und Landschaftsarchitekt, studierte in den 60er Jahren Biologie und Botanik in München, er wird Assistent an der Fakultät für Forstwissenschaft in München, arbeitet in den 70er, 80er und 90er Jahren im Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, ist zwischenzeitlich Direktor der bayerischen Akademie für Naturschutz und Landespflege. 1992 bis 1994 hat er einen Lehrauftrag für Naturschutz an der Uni Regensburg.
Kein Verwalter, ein charismatischer Beweger und Gestalter tritt uns aus diesen Zeilen und dies verstärkt im Spiegel der ausgestellten Fotografien entgegen, die Bilder wollen uns in dieser Verbindung als Summe gelebten Lebens anmuten, als symbolische Verdichtung eines lebenslangen Ringens mit dem Zwiespalt zwischen Kultur, Natur und Verwaltung.
Seit 1994 wohnt Wolfgang Zielonkowski in Hohenwarth bei Kötzting, ist im Ruhestand, Ausstellungen seit 2001.
Seine persönliche Philosophie stellt er in anschaulicher, gut nachvollziehbarer Weise auf unserem Einladungsblatt dar, Neugier, glückliche Zufallsbekanntschaften, welche die Bereitschaft für das Unerwartete, Unplanbare, für das elementar Kultürliche also voraussetzen, Sensibilität, alles das psychische Kräfte, die mit Spontaneität und Offenheit verbunden sind, die treten betont auf, die wissenschaftliche Ausrüstung erhält gegenüber dem Schauen der letztendlich unergründbaren Erscheinungen im Kontext Naturerlebnis kontrapunktische Qualität.
Zielonkowskis Stil hat eine impressionistische Ausrichtung, das Hell-Dunkel entwickelt sich in fließenden Übergängen, der Umriss verliert im Reichtum der farbigen Reflexe die abgrenzende Strenge, in all dem wird das Werden und Vergehen Thema, die Landschafts-Motive sind alles andere als nüchterne landschaftsschützerische Bestandsaufnahmen, es sind visuelle Gedichte, die dem Verwaltungsgeist und dem Planungseifer der Flurbereinigung ideelle Grenzen setzen, es sind visuelle Beiträge zum Streit darüber, ob sich Schönheit verordnen, errechnen, ausführen lässt, und ob es sie als Wirklichkeit und Wert überhaupt gibt.
Rund 60 Augenpaare von ostbayerischen Künstlerinnen und Künstlern, Vertretern aus den Bereichen Bildender Kunst, Musik, Literatur, Museums-Wesen suchen den Augenkontakt, geben der Empathie die Möglichkeit hinter Künstler-Antlitzen dem mentalen Prozess der Weltbildnerei, speziell unserer regionalen Weltbildnerei beizuwohnen, das Publikum kann an einer Sensibiliät teilhaben, die vielleicht ansteckend ist, Geistesverwandtschaft ist zu erspüren, die Mut macht.
Wolfgang Zielonkowski ist es gelungen mit dieser Ausstellung das Thema „ Mensch und Natur“, das in Anbetracht des Klimawandels alle anspricht, vor allem aber in technischer Hinsicht reflektiert wird, in den geistigen, emotionalen Tätigkeitsbereich auszudehnen, ohne dabei zu polarisieren, seine persönliche kohärente Haltung als Wissenschaftler, Verwaltungs-Kraft und als Künstler firmiert als Beweis für die einander ergänzende Gleichwertigkeit dieser Bereiche und ihrer Sichtweisen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin dem Zufall dankbar, dass er mich und Wolfgang Zielonkowski zusammengeführt hat, dass dieser Zufall dem kurzen Kontakt – Wolfgang Zielonkowski kam vorbei, um mich als Künstler für seine ostbayerische Künstler-Enzyklopädie abzulichten – eine entspannte Lockerheit beimischte, die es ermöglichte, bei kleinstem Anlauf, Großes zu denken, diese Ausstellung eben, aus zwei Werklinien wurde die Visualisierung einer Naturauffassung, in der sich unterschiedliche Disziplinen vereinen und die Bedingtheit und den Werdeprozeß der Wirklichkeit in der menschlichen Wahrnehmung thematisiert.
Vor allem aber fand ich in der Person und Arbeit von Wolfgang Zielonkowskis Einzel-Züge, die programmatisch gar nicht besser gewählt sein könnten, um neben der ganz besonderen Ausstellung auch unseren aktuellen Standort als Kunstverein in der Oberpfalz und in Ostbayern zu verkörpern.
A. das Regionalspezifische, das schon seit langem mit unterschiedlichen Veranstaltungen an einer Corporite Identity
im regionalen Kunstraum arbeitet, die nach vorne und überregional ausgerichtet ist. Stichwort KoOpf.
B. Das Verwaltungs-Mäßige. Es berührt uns deswegen so, weil wir schon seit längerem das Weidener Kulturwesen umwerben, wir würden gerne von der Stadt Weiden in den Dienst einer städtischen Galerie übernommen werden und in Zukunft als Teil des offiziellen Kulturapparates auftreten. Warum?
Nicht wegen des Geldes, der Kunstverein würde sich wie bisher weitgehend selbst finanzieren.
Sondern als Schutzraum vor dem permanenten Wertverfall des Ansehens, dem Sie als „freischaffender“ Kunstverein in ihrer Abhängigkeit von Sponsoren ausgesetzt sind,
als formale Festschreibung der Bedeutung
des Kunstvereins für das Gemeinwesen, damit diese Bedeutung nicht bei jedem Sponsoren-Kontakt, beim ständigen Wechsel der Ansprechpartner mit jeweils anderen, persönlichen Vorlieben neu auf den Prüfstand gestellt werden muss.
Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung. Dieser Satz von Theodor W. Adorno aus dem Jahre 1959, mit dem ich jetzt den Abschluss meiner Ausführungen einläuten möchte, ein Satz, der dann in den revolutionären 60er Jahren und ihrem revolutionären Kulminationspunkt 1968 in der einen oder anderen Abwandlung oft verwendet wurde, ist in mehrerer Hinsicht, eine passender Zusatz zur Überschrift unserer Ausstellung.
Passend nicht nur, weil sich 68 zum vierzigsten Mal jährt und unsereins ein Produkt der Denke dieser Jahre ist, ein Stück krummes Holz, an dem die folgenden Jahrzehnte bayerischer Bildungs-Politik und Kultur-Wirklichkeit herumgehobelt haben, sondern weil wir mit Dr. Wolfgang Zielonkowski – wie Sie gehört haben - sozusagen ein Zwitterwesen vor uns haben, ein lebendiges Beispiel dafür, dass sich Verwaltungs-Organ und Kultur-Tätigkeit vereinen lassen, wobei es äußerst anregend wäre, die Natur, der Zielonkowskis Berufstätigkeit galt, als die Kehrseite der Münze Kultur zu sehen. Dinge sind das, die ebenso interessant und beeindruckend wie das ästhetische Oeuvre selber sind, das wir hier erleben können.
Betrachtet man Kunst und Kultur nicht nur von ihrem atmosphärischen und dem persönlichen Gefallens-Gehalt her, mit dem wir in dieser Ausstellung sicherlich reich beschert werden, sondern misst ihm auch gesellschaftliche Bedeutung bei, die über das Fit-Machen für die Karriere hinausreicht, dann müssen gleichermassen die Grundlagen, die den schönen Schein der Veranstaltung ermöglichen, interessieren, dann fragt man nach den Interessenslagen der Einzel-Gruppen- Stadt-Staat und Sponsoren-Kräfte, die die Kulissen stützen. Sah Adorno in seiner kritischen Betrachtung der Situation Kultur seiner Tage in den Verwaltungskräften eine peinliche Parallell-bzw Meta-Kultur, die meinte, aus den originären Potenzialen, die mit den Künstlerinnen und Künstlern gegeben waren, überhaupt erst die richtige Kultur machen zu müssen, so hat sich die Situation heute, betrachtet man sie aus der Perspektive der kritischen Theorie Adornos, die dem 1969 verstorbenen Philosophen – er würde sagen – erspart bleibt, um einige Auswüchse erweitert, z.B. um das Kuratorentum, das zu einem eigenen Kunstzweig geworden ist, oft stößt es auf heftige Kritik der Künstler, die sich verfälscht präsentiert fühlen, aber, bleiben wir bei der Verwaltung, da stellt sich heraus, was einem in diesem Zusammenhang als Ironie des Schicksal anmutet, dass das, was man als bürokratische Gängelei, Bevormundung, Beschränkung , Ignoranz, Verzweckung für repräsentative und politische Zwecke etc ansah, einem heute als Fürsorge anmuten möchte. Im Zuge der Entwicklung, da die Öffentlichen Hand nicht mehr kann, Kultur aber weiter will und entsprechend ihrem ureigensten humanen Antrieb muss, ist das Sponsorentum auf den Plan getreten, das auf Grund seiner ganz normalen Eigeninteressen eben nicht nur Kultur möglich macht, sondern auch kanalisiert, interpretiert, gewichtet, verwendet, darin Entwicklungen steuert, , statt dem Wesen des Künstlerischen und Kreativen entsprechend Freiräume zu ermöglichen, für Spontaneität, für die Auseinandersetzung mit dem Fremden und Anderen in uns, für Bewusstseinsbildung in Bezug auf eigenen Sozialisierungs-Hintergründe und einen Bildungsbegriff, der die Gesellschaft, wie Beuys sagt, als soziale Plastik ansieht.
Wer Kultur sagt, sagt auch Werbung.
Wer nicht Werbung sagt, stürzt ins Leere.
Leere.
Leere.
In der asiatischen Mystk ist es die Seinsfülle, der alles Einzelne entspringt.
Im Zwischenraum zwischen Verwaltung, Kulturindustrie und Kommerz sind es Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, die
Sie das Bildungs-Interesse einer bürgerschaftlichen Bewusstseins-Haltung verkörpern, unsere Ausstellung ist unsererseits die Manifestation einer solchen Bewusstseinshaltung, die in kulturellen bzw künstlerischen Manifestationen Modelle nicht vorfabrizierten, machbaren Lebens erkennt und deren Hersteller und Heger, und damit meine ich heute Wolfgang Zielonkowski, dankt und lobt.