Grenzgefühl / Zeitgeber
Andreas Wutz (Film, Video, Fotografie, Installation)
Christian Schmidt-Chemnitzer (Performance)
11.03—17.04.05
Info
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich würde mich freuen, Sie bei den folgenden Veranstaltungen im Kunstverein bzw in der FH Weiden begrüßen zu dürfen:
Andreas Wutz
- Grenzgefühl
Christian Schmidt-Chemnitzer
- Zeitgeber
Grenzgefühl.
Andreas Wutz, der in München, New York, Düsseldorf, Rom und Prag studiert hat und mit seiner temporären Wander-Einrichtung „Kino der Piloten“ viel zwischen München und Prag unterwegs ist, zeigt Film, Video und Fotografie. Das ist etwas für die kunstvereinliche Bauwut, da sind Trennwände, Kabinen, da ist Action angesagt, um die nötige Scheidung von Hell-Dunkel und Innen-Aussen zu treffen. Un-scharf dagegen die kategorialen Trennlinien, geht es darum, das künstlerische Tun von Wutz zu definieren.
Das Was seiner Foto-Kurz-Film-Arbeiten „Narkose, „Das Nächste Dorf“, „LeMans“ und „Stadtwind“ scheint sich nämlich in ständigen Näherungen und Schleifen ins Nichts zu verlieren. Andreas Wutz führt uns an die Ränder der Sichtbarkeit. Was ist in seinem LeMans-Film zu sehen, in dem nichts von all dem erscheint, woran ein Steve-McQueen-Fan denkt?
Eine Kamera ist in dunkler Nacht am Rand der Rennstrecke aufgestellt. Von Zeit zu Zeit bersten Stille und Dunkelheit unter dem Andrang des Motorengeräusches und der Scheinwerfer. Blendung. Dann ist es wieder dunkel und still. Irgendwo Zikaden. Bis die nächste Rennmaschine zum zeiträumlichen Fusionsreaktor wird. Der Zeitpfeil, der Vor- und Nachher verbindet, bricht erneut; der Betrachter erlebt einen Wort-Bild-Zeit-Ort-Big-Bang, in dem das Sein des Seins in die Grundformen seiner Sicht- und Sagbarkeit tritt. Noch bar jeder Ding-Qualität erscheint es als die nach-über-all-hin-offene Option.
Zikaden-Ruhe. Aus dem Dunkel japanischer Zen-Tuschen bringt Andreas Wutz das ideelle Bild besonderer Glasperlenspiele, von Kultur-Räumen zu Tage, deren Koordinatenpunkte die Namen und Werk-Titel berühmter Buch- und Bild-Grenzgänger sind, u.a. Francois Truffaut, Peter Weiss. Der Binde-Strich zwischen Wort-Bild, Nähe-Distanz, Realität-Imagination, Wach-Müde erweitert sich unter seinem Blick zur Terra Incognita. Medien-Künstler ist der 1962 in München geborene Wutz vor allem im übertragenen Sinn als Detektiv, der zwischen Mental-Orten Schwellen ermittelt, die unser Geist normalerweise überspringt.
Zeitgeber.
Dem Berliner Performance-Künstler Christian Schmidt-Chemnitzer begegneten wir im Juni 2003 auf der Kölner Domplatte. Dorthin hatte uns eine Ankündigung der Ultimate Galerie gelockt. Auch die Arbeit des 1962 geborenen Chemnitzers brüskiert jede Art vorschneller Erwartung. Wir hatten uns wohl in der Zeit vertan. Eingeschlossen in ein unüberschaubares Passantenmeer konnten wir, abgesehen von den Türmen des Kirchengebäudes und ihren langen Schatten, nichts ausmachen, was unserer Vorstellungen von einem „Zeitgeber“ entgegengekommen wäre. Mit einem Mal aber stellen wir fasziniert fest, daß das nur der einsame Mann auf der Stehleiter aus Alu sein kann.
So ist Sch.-Ch., der anfänglich Experimentalkün-stler in der ostdeutschen Musik- Malerei- und Performance-Szene war und seit 96 ausschließlich als Performer arbeitet, an etlichen Weltorten in Erscheinung getreten. Graz, Hongkong, Helsinki, Marseille. Täglich fortgesetzte, stundenlange Bewegungslosigkeit bzw minimalisiertes Tätigsein. Da wird grad mal alle halbe Stunden die Sprosse gewechselt, auf einem Brett balanciert, das den Abstand zwischen zwei Kasserollen überbrückt. Die lebende Skulptur sockelt auf Leiter, Eisblock, luftanhaltend unter Wasser, in einem Kummet, spreizbeinig auf zwei Ölfässern. Oft mitten im Massengeschehen öffentlicher Plätze, unbeeindruckt von Außenreaktionen. In der bizarren Anmache durch Skindheads im letzten Jahr kommt ungeplant reinster Beckett zur Darstellung. Chemnitzers Daseins-Entschleunigung, die spürbar vermittelt, wie sehr jeder Zugang zu Zeit und Raum im Alpha und Omega unserer leiblichen Existenz liegt, in der Tatsache, daß wir immer zuerst bei uns sind, lässt sich auch als Variation über einen Satz von Blaise Pascal lesen: Alles Übel der Welt rührt daher, daß Niemand in seinem Zimmer still auf 1 Stuhl sitzen bleiben kann.
11.3.-17.4. können Sie im KV Weiden eine Video-Dokumentation von Sch-Chs Arbeiten sehen.
Am Fr. 1. und Sa. 2. 4., 12 - 18 Uhr findet im City-Center Weiden eine Life-Performance statt.
Am 25.2.,19 Uhr war am FH-Standort Weiden Vernissage. Das Team Baum-Raum und eine 11-köpfige Gruppe tschechischer und deutscher Kunststudent/innen aus der Akademie Praha/ Klasse Prof. Milos Sejn und dem Nachwuchs-AK des Kunstverein Weiden haben die 1. Projektstufe hinter sich gelassen. Besondere Beachtung verdient das „Baum-Sound-Terminal“ aus der Hand von Hugo Braun-Meierhöfer und natürlich der „Baum-Sound“ selber. Die Hörbarkeit der vegetabilen Lebensvorgänge verdanken wir vor allem den Medien-Freaks Johannes Kroll, Sebastian Schwarzmeier und den FH-Fachkräften um Johannes Schafberger. Die weiteren Akteure bitte der Titelseite entnehmen, und besten Dank meine Damen und Herren für die herausragenden Leistungen! Was die Fraktion aus Praha nach einer winternächtlichen Meditation aus der Allee in die Ausstellung gebracht hat, fasziniert auf eine vor Ort noch nicht dagewesene Art. Insgesamt soll hier aber nur stichwortartig auf die Exponate, die im Hochschulgebäude verteilt sind, eingegangen werden. Work In Progress! Vieles ist noch im Fluß! Der Betrachter macht sich in Erwartung des abschließenden Gesamtzusammenhangs Notizen, erfährt Atmosphären im Wandel. Die Geister von Technik, Betriebswirtschaft und Kunst haben ein Rendezvous, während dem das Eis schmilzt. Die Beschreibung der deutschen und tschechischen Einzelarbeiten, zu denen am 18.3. weitere hinzukommen, wird erst im Katalog erfolgen. Bis dahin heißt „Baum-Raum“ auch, in freier Form mit künstlerisch-ästhetischen Denk- und Handlungsmustern auf die gegebene Baulichkeit, ihre Sinnbezüge und die vorangegangenen Reaktionen der Kunstkommilitonen antworten zu können. Diese dialogisch-interaktive Struktur bestimmt bereits etliche der ausgestellten Arbeiten selber, Foto- und Video-Arbeiten, die sich auf den sozialen bzw ökologischen Raum beziehen.
Die letzten Tage bis zum Count-Down war die Kunstvereins-Crew rund um die Uhr im Einsatz. Ortstermine mit ddp und Zündfunk/Bayern 2. Letzterer hat eine CD mit nach München genommen. Haben Sie die Oberpfälzer Eiche auf Bayern 2 gehört? Titelseite der SZ! Das Streiflicht vom 26.2. gelesen, wo man sich über die Lautgebungen der Oberpfalz ergeht? Nachdem also ein überregionales Medien-Echo geweckt werden konnte, darf der Veranstalter auch als Mitglied des „Regionalmarketing-Vereins Oberpfalz in Ostbayern“ sagen: „Klassenziel erreicht!“
Vor dem Hintergrund dieses geglückten Starts ist es mir eine besondere Freude, Sie kurz nach Semesterbeginn zur Eröffnung der 2. Ausbaustufe an den FH-Standort Weiden einzuladen. Sie ist als Haupteröffnung gedacht. Gleichzeitig bitte ich Sie, sich auch folgende Termine zu merken:
Fr. 08.04.05, 19 Uhr FH
Anbringung der letzten Arbeiten, Einführung und Besichtigung.
Fr. 13.05.05, 19 Uhr FH
Finissage, Vorstellung von Katalog und Projekt-Dokumentation.
Begleiten Sie uns am 18.3. auf unserer Reise durch den „Baum-Raum“ ein Stück weiter. Hier öffnet sich eine neue Dimension, in die wir durch die Schnittstelle Kreativität gelangen. Kreativität ist ein geistiges Potential, ist die elementare Erneuerungskraft, die nicht nur Technik, Wirtschaft, Kunst und alle anderen Lebensbereiche miteinander verbindet. In ihrer spontanen Selbsttätigkeit outet sie sich hier ein Stückweit als die Natur, als die Schöpfung selber. Im Sinnbild des Technik-Kunst-Dialoges, das im Baum-Raum-Terminal Gestalt annimmt, erscheint sie als Moderatorin, die nach den vielberufenen Maßstäben ökologischer Ganzheit verfährt und die Bäume als ihr Sprachrohr benutzt.
Dazu hatten aus den Blickwinkeln von Bildung, Politik, Kunst und Wirtschaft in Grußworten am Eröffnungsabend Bezug genommen: Prof. Dr. R. Anselstetter, Vizepräsident der FH, Prof. M. Sejn, Akademie der Bild. Künste Praha, G. Biehler, Stadtrat Weiden, S. Wanninger Stadtmarketing-verein Pro Weiden. Dazu wird es auch im März Meinungen geben.
Zu den Baum-Sound-Frühlings-Klängen & zum Lauf neuer Bilder auf den Terminal-Bildschirmen werden wir Ihnen dann auch die BeS-Box in Serienreife vorstellen. Die Baum-Sound-Box, 1 Edition des Kunstvereins, ist ein Miniterminal für Zuhause... also sprach der Baum!
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Herzer