Kunst und Partner
22 Jahre Kunst-Partner-Kalender, regionale Partnerschafts-Pflege zwischen Künstler-Atelier + Wirtschafts-Unternehmen
04.07.—28.09.14
Info
Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst und der Kreativität,
liebe Wilma, lieber Ingo,
liebe Leute aus der Oberpfälzer Kunst- und Unternehmer-Welt,
liebe Kunstpartner und Lebensräume verbindende Brückenbauer,
liebe Sportsfreundinnen und Freunde,
ich hab dann die Sockel doch nicht mehr gestrichen, deutlich erkennbar, als der Augenblick in der Endphase der Aufbauarbeiten gekommen war, wo der Sockel-Glanz das zu setzende I-Tüpfelchen gewesen wäre, habe ich es sein lassen.
Die Aufbauarbeit, die mich ganze Tage festgehalten hatte, war mir zur Meditation über Sein und Zeit und das Bleiben in Weiden geworden.
Da fiel mir ein: Wilma und Ingo hatten den ersten Kunstpartner-Kalender fast zum selben Zeitpunkt zur Welt gebracht, Anfang der 1990er Jahre, an dem auch der Kunstverein Weiden in seinem Vorstadium als Galerie Hammer&Herzer in die Oberpfälzer Kunstwelt gekommen war.
Da fragte ich mich: Was gibt es viel über das Kunstpartner-Projekt zu sagen? Es ist seit zwei Jahrzehnten eine feste Einrichtung, ja eine Institution. Für viele ist die Einladung, Kalender-Künstlerin bzw Künstler zu werden, ein Einzug in die Hall of Fame. Man kennt den Kunstpartner-Kalender, Expuls stellt ihn alljährlich vor. Man kennt ihn und man kennt ihn nicht, wie viele andere herausragende Dinge.
Das Neue an meiner Betrachtung zielt auf den Baustein - oder Knoten – Punkt -Charakter, den dieses Projekt im Wachstums-Zusammenhang einer Oberpfälzer-Kunstwelt hat bzw haben könnte.
Eine Perspektive, die der Oberpfälzer Land-Mensch beim Sich-Freuen über das zwölfblätterige Klee-Blatt ebenso wenig einnimmt wie der Oberpfälzer Metropolist.
Da erinnerte ich mich: Eine rege Zeit war das damals, der 1980/90er Jahre, da waren rege Leute, Leute der ersten Stunde, Pioniere die sich vom Wende-Schwung mitreißen ließen, dieser Schwung hatte die Oberpfalz aus der Randlage ins Zentrum Europas befördert.
Was schien nicht alles möglich geworden zu sein!
Die WAA hatten wir verhindert.
Der ideelle Bauplatz einer neuen Oberpfalz war bestellt.
Markantestes Zeichen dieser Träume heute ist wohl der mittlerweile baureif gewordene Walhalla-Nachfolge - + Europa-Tempel von Wilhelm Koch an der Autobahn Nürnberg-Prag.
Potentielle Pilger-Stätte. Sie braucht noch Paten.
Ja ja, die Träume! Die Mythen, die Märchen!
Da sah ich: Die Schmutzflecken an den Sockeln jetzt als Gebrauchsspuren lesbar geworden leuchteten als lebendige Zeitzeichen auf: der künstlerische, umdeutende Blick halt!, dachte ich und musste lachen, ich hatte auch einfach keinen Bock mehr, den Maler zu machen.
Da fragte ich mich: Heute an einem Welt- und National-Tag des Sports, wo König Fußball die Massen formiert, eröffnen wir – um Gottes willen – eine Kunst-Ausstellung und bitten die Musen um Beistand:
Ist das eine verschlampt ignorante Fehlplanung? Ein Treue-Test? Masochistische Welt-Fremdheit? Suizidäre Vermessenheit?
Da wusste ich: Weder noch, so etwas passiert eben und soll keineswegs die Gestimmtheit einer David-Gegen-Goliath-Veranstaltung annehmen, und das muss es auch nicht, schauen wir nach vorne, nehmen wir den Leitspruch der Ur-Sportlichkeit ernst: nicht siegen, sondern dabei sein ist wichtig!
Mit anderen Worten: sich herausfordern lassen und tun ... ja was tun, eben das, und da wären wir auch gleich wieder beim Thema, das, was Kunst am Besten kann: Fantasievoll umdeuten!
Sich in Quer-Beet-Flexibilität üben, Widersprüche überbrücken, Mit- und Dabei -Sein stiften, qua Umstimmung und Umdeutung geht das, andere sagen dazu Framing und Kontext-Verschiebung, der Begriffe aus der Methodik von Kunst und Lebenskunst gibt es viele und es werden immer mehr.
In dem Sinne erfolgte vor zwei Tagen eine Face-Book-Deklaration, die den Kunstverein zum Apres-Sport-Ort erklärte, wo man sich trifft, und mit folgenden Worten schloss die Deklaration: Rotwein-Anstoß um 20 Uhr, unbegrenzte Verlängerung am Lindas Kicker möglich.
Der Kicker steht unten im Nebenraum von Robert Hammers Kneipe. So kommt der Volkssport an den Weihe-Ort.
Aber auch ganz ehrlich! Weil wir Jäger und Sammler der öffentlichen Aufmerksamkeit unvermeidlicherweise schon mal beim Sport sind.
Nicht erst die Fußball-Weltmeisterschaft macht die Welt zur Kugel, das tut auch schon der Fußball-Club vor Ort!
Ohne Moos nichts los!
So konnte Sport schon immer neidisch machen, er war uns Kunst- und Kulturleuten auf Wasser-Träger- und Under-Guggenheim - Ebene, wenn wir die Akquise machten, schon immer um Längen voraus und ließ den Rubel in die falsche Richtung rollen.
Im Laufe der Jahre wächst die Gelassenheit.
Man freut sich an dem, was man hat.
Hat man was?
Was hat man?
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, der Ball ist rund, in dem Sinne ist alles ein Spiel und die Kunst ganz besonders, weil ihr Wesenskern die mentale Runderneuerung ist und sie sich selber permanent hinter sich lässt.
Hier ist jeder Blick schon ein Schritt in die Fremde.
Anders gesagt, was bleibt ist, dass es weitergeht. Aber was heißt das? Heißt das, dass nichts bleibt, dass alles vergeht, verweht?
Oder dass, wie es die Geschichtsphilosophie sieht, eine Quantität an Tätigkeiten ab einem bestimmten Maß in eine andere geschichtlich weiterführende Qualität umschlägt.
Ich als Spross der 1960er Jahre neige zur 2. Auffassung.
Das Programm des Kunstverein Weiden zeigt daher 2014 vergleichsweise weniger Künstler/innen, Werke und kunstgeschichtliche Strömungen.
Unter dem Titel „ der Kontext, der die Kunst zur Kunst macht“ sollen vielmehr die Kräfte und Einrichtungen in Erscheinung treten, die sich schöpferisch um diese kümmern und ohne die es unseren europäischen und sonst einen Kunstbegriff in Überlieferung und Wandlung gar nicht gäbe.
Wir versuchen das Betriebssystem Kunst bzw die Baustelle oder den baulichen Wildwuchs der Oberpfälzer Kunstwelt zu beleuchten. Wir wollen dazu animieren, in diesem Zusammenhang das Kunst-Partner-Kalender-Projekt in seiner Eigenheit wahrzunehmen und als Element zu begreifen.
D.h. als ein regionales Kunstvermittler-Netzwerk auf Kunstkalender-Basis.
Und als Teil und Modell eines Ganzen, das von sich selber noch nicht viel weiß, wie mir scheint, in dieser Hinsicht hatte es sich der Kunstverein Weiden Ende der 1990er Jahre zur Aufgabe gemacht, Bewusstsein zu schaffen und Impulse zu geben.
Die Kulturkooperative Oberpfalz KoOpf, die 1999 gegründet wurde, ist ein Produkt dieser Einstellung, die auf Vernetzung und Zusammenarbeit der gegebenen Kräfte unter regional-spezifischen Leitbildern setzt. 18 Mitglieder heute.
Ein anderes Produkt war das Ranking-Projekt, das der Kunstverein 2009 unter dem Titel „Kunst = Kapital“ für das Medienhaus der Neue Tag entwickelte, es ging um die 11 besten Oberpfälzer Künstlerinnen und Künstler, um eine Verstärkung der Sponsoring-Neigung in der regionalen Unternehmer-Welt, um die Einrichtung einer fachspezifisch gesteuerten Wettbewerbsstruktur exklusiv für den Bereich Bildender Kunst, natürlich hatte das Kunst-Partner-Team Sitz und Stimme in der 14 köpfigen Jury, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern kunstverbundener Adressen wie die des BDA, des BBK, der Museen, des Bezirks, der Kunstvereine etc zusammensetzte.
Nun mit dem Einzelportrait des Kunstpartner-Kalenders wollen wir auch nicht nur die mehrfach überstrapazierte Schaulust am Interessanten bedienen, wir wollen vor allem Konsequenz, Ausdauer und Gemeinschafts-Geist würdigen, Grundlage-Eigenschaften, ohne die das Weitergehen ins Verwehen mündet.
Und wir wollen mit einem zu einer Sichtweise führenden Virus infizieren, zu einer Sichtweise, die über den Tellerrand hinausführt und am einzelnen Beispiel exemplarisch den Gesamt-Zusammenhang der Oberpfälzer Kunst-Landschaft aufscheinen lässt, seine Bewegung und Richtung sichtbar macht und sich dementsprechend auch auf die Frage einlässt, wie die Fördermöglichkeiten für die Kunst bei uns zu verbessern wären.
Der Berufsstand des Künstlers gehört zu den schlechtest bezahlten.
Ein runder Tisch Kunst wär eine fußballrunde Sache.
Die KoOpf hat heuer diesbezüglich einen Neuanfang gewagt. Im Rahmen von Pilsen 2015 gibt es unter der Federführung des CeBB Schönsee auch einige Bewegung.
Hurra.Lassen Sie mich zum Abschluss nach soviel Oberpfälzer Kunst-Totale die Betrachtung auf diese Perle der Oberpfälzer Kunstwelt, auf der sich all das Gesagte spiegelt, selber fokussieren.
Die Ausstellung „Kunst und Partner- Das Museum auf Papier“ zeigt Kunstwerke von rund 60 Aussteller/innen aus 22 Jahren.
Die Künstler/innen-Biographien sind im Sinne eines Künstler-Lexikons alphabetisch angeordnet, die kleinen Holzrahmen mit den Künstler/innen-Steckbriefen geben der Ausstellung ihre feste Struktur.
Dazu kommt ein wandgroßes Diagramm des Kunst-Partner-Projekt-Netzwerks, “Kunst-Partner-Kosmos“ ist es getitelt, hier wird statt harter Verbindungs-Geometrie die fließend sanfte Verbindung qua Farbverlauf gewählt, das ist nicht nur Ästhetik, das ist Philosophie und Umgangsart.
Und da sind im zentralen Teil des Ausstellungsraumes die Portraits der einzelnen Beteiligten aus Unternehmertum, Privat und Kunstkritik.
Der Kunst-Partner-Kalender, den Wilma Rapf-Karikai und Ingo Kübler seit 2 Dekaden in Regensburg herausgeben, bündelt ein Mehrfaches dieser weiter oben genannten, „kunstmachenden“ Kräfte, ohne die der eindrucksvolle Kunst-Eisberg keine Spitze hätte, ja gar nicht wäre, und formt sie zu einem Oberpfälzer Kunstmuseum auf Papier, das zu seinem Publikum nach Hause kommt, alle Jahre zu Weihnachten.
Da nämlich tun sich Firmen und Privatpersonen, Autoren und Künstler, Fotographen und die Druckerei „Kartenhaus-Kollektiv“ zusammen, machen sich, ihren Kunden und Freunden ein Weihnachtsgeschenk und schaffen Künstler/innen der Region einen mobilen Ausstellungs-Raum.
Über die Jahre ist dieser mit seinen Textbeigaben, Themen, Auswahlkriterien und der Auftakt-Veranstaltung im Haus der Regensburger Städtischen Galerie im Leeren Beutel eine Institution und eine kleine aber begehrte Hall of Fame geworden.
Kunstvermittlung a la Rapf-Karikai – Kübler trägt damit nicht unwesentlich an der Begriffs-Bildungen der regionalen, aktuellen Oberpfälzer Kunst bei.
Als Teil eines Ganzen, das das Beste noch vor sich hat, sich als Ganzes, als runde Sache zu begreifen, wie das schon der Fall beim Fußball ist.
Wolfgang Herzer