La boite en valise oder Die Neue Welt liegt mitten in Europa
Ausstellung und Tagung von 19 Professoren der Kunsthochschulen Prag und Nürnberg anläßlich der EU-Osterweiterung im Kunstverein Weiden
02.05—30.05.04
Info
Am 2.5.2004 machen sich anläßlich der EU-Osterweiterung und speziell des EU-Beitritts Tschechiens ProfessorInnen der Kunsthochschulen Prag und Nürnberg auf den Weg. Nahe der bayerisch-böhmischen Grenze werden sie sich im oberpfälzischen Weiden zu einer Tagung und zu einer gemeinsamen Ausstellung treffen. Initiator ist der Kunstverein Weiden. Die Veranstaltung findet aus einer langjährigen Tradition in Verbindung mit den 20. Weidener Literaturtagen statt, die schon vor 89 im bayerisch-böhmischen Grenzland ein kultureller Brückenkopf waren.
Folgende KünstlerInnen werden erwartet. Aus Prag: Veronika Bromová, Zdenek Beran, Vladimír Kokolia, Jan Koblasa, Peter Oriešek, Emil Prikryl, Michael Rittstein, Jirí Sopko, Vladimír Skrepl, Jitka Svobodová. Aus Nürnberg: Peter Angermann, Claus Bury, Christine Colditz, Ottmar Hörl, Ulla Mayer, Michael Munding, Hans Peter Reuther, Diet Sayler, Georg Winter.
Das zentrale Bildmotiv der Veranstaltung, in Anlehnung an ein Objekt des großen Erneuerers der europäischen Moderne, Marcel Duchamp, unter dem Titel "Die Schachtel im Koffer - oder Die Neue Welt liegt mitten in Eurpa" steht, ist der Koffer.
Er symbolisiert das Unterwegssein zwischen den Kontinenten und Ländern, den Kulturen und Generationen, den LehrerInnen und SchülerInnen.
Dabei wird Duchamp selber, der zu Beginn des 2. Weltkrieges eine sozusagen auf die Größe einer Idee verkleinerte Replique seines Gesamtwerkes im Koffer aus der untergehenden Alten Welt in die Neue Welt der USA brachte, als Denkfigur verwendet. Diese schaut jetzt am Ende einer durch den Ost-West-Dualismus noch relativ überschaubaren Epoche im Rückblick nach vorne.
Neben den Beiträgen der 19 namhaften KünstlerInnen, die das Koffermotiv bearbeiten, wird die Ausstellung strukturell selber zum Koffer mit einem Innen und Aussen. Outdoor nämlich werden die Exponate und das Motto der Veranstaltung auf Großflächenplakaten an den öffentlichen Raum vermittelt. Der Kunstverein widmet sich unter dem Gesichtspunkt der Regionalentwicklung seit Jahren schwerpunktmäßig auch der Nachwuchsförderung. Ziel ist, analog zu den Zielen der regionalen Wirtschaftsentwicklung auch das ästhetische Niveau der Grenzlandgegend am ehemaligen Eisernen Vorhang mit den europäischen Standards in Verbindung zu bringen, ohne dabei die Eigenart seiner regionalen Ortung aus dem Bewusstsein zu verlieren.
Auf diesem Wege und in Zusammenarbeit mit seinem tschechischen Partner, der Fotogalerie G4 in Cheb / Eger, hat der Kunstverein Weiden schon einige grenzüberschreitende Projekte mit StudentInnen und AkademieabsolventInnen durchgeführt. Einen Monat später wird die hier beschriebene Ausstellung, an derem Tagungs -Vorspann Mitglieder der G4 fotodokumentarisch teilnehmen werden, auch in Cheb zu sehen sein.
An dieser Stelle möchte ich aber auch schon allen anderen Helfern, Sponsoren, Spendern und Befürwortern danken, die, soweit sie nicht ungenannt bleiben wollten, der Kunstverein im Anhang noch mit einer namentlichen Nennung würdigt.
Das erste Rendezvous bayerischer und böhmischer Vertreter der ästhetischen Lehre, zu dem es seit der Grenzöffnung 1989 kommt, findet nicht nur mitten im neuen gemeinsamen Einzugsgebiet der Akademien Prag und Nürnberg statt.
Der Treffpunkt Weiden liegt zufälligerweise und zum Termin auch äußerst symbolträchtig am Mittelpunkt Mitteleuropas; diese örtlich und zeitlich einmaligen Gegebenheiten zwingen dem dortigen Kunstverein auf der Basis seiner bisherigen Aufbauarbeit eine regionenübergreifende Vermittlerrolle geradezu auf.
Gegenstände des Treffens, das der wissenschaftliche Direktor des Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg Dr. Pavel Liska moderieren wird, sind einmal das nachbarschaftliche Sich-Kennenlernen der KünstlerInnen und die Kontaktaufnahme der Hochschulen, darüberhinaus aber auch die Möglichkeiten künftiger Zusammenarbeit und die Frage nach der Rolle der ästhetischen Lehre in der Wirtschafts- und Werte-Gemeinschaft des Neuen Europa.
Leitgedanken in Wort und Bild vermittelt diesbezüglich auch eine Denkschrift mit 12 Beiträgen, die aufgrund ihrer anlassgemäss äußerst ungleichen Kontexte, Standpunkte und Temperamente weniger als Teile eines abgeschlossenen Ganzen anzusehen sind, sondern als Baustoff für einen anderen Turm zu Babel oder ein Patchwork, dessen Gestalt auch am Ende der Tagung nur vorläufig sein wird. Dass dabei auch kritische, herausfordernde Stimmen, der O-Ton der Region und Meinungen zu hören sind, die nicht die Ansicht der Redaktion wiedergeben müssen, wird gleichermaßen, wie es zur Natur der Sache gehört, auch zum Testbild einer schöpferischen Integrationskraft.
Einen besonderen Raum nehmen die Selbstdarstellung der Akademien und Statements der tschechischen und deutschen Professoren ein, in denen diese ihre Lehrauffassungen stichwortartig zur Darstellung bringen.
Die Autoren im Diskussionsteil sind Professor Peter Angermann, Lehrstuhl für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, Bernhard M. Baron, Kulturamtsleiter der Stadt Weiden, Professor Dr. Hans Dieter Huber, Lehrstuhl für Kunstgeschichte, Kunsttheorie und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Jürgen Huber, freischaffender Künstler und Mitbegründer der Gruppe WARUM VÖGEL FLIEGEN und des Kunstvereins GRAZ e.V. Regensburg, Heinz-Norbert Jocks, Publizist Düsseldorf, Dr. Pavel Liska, wissenschaftlicher Direktor des Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Rudolf Maresch, Publizist und Kritiker Lappersdorf, Dr. Gabriele Oberreuter, Kunsthistorikerin, Privatdozentin an der Uni Frankfurt/M,
Jürgen Schweinebraden, freier Kurator und Publizist Niedenstein, p.h. Jirí Ševcík, SCc, Prorektor der Akademie der Bildenden Künste Prag, Dr. h.c. Hans Zehetmair, Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst a.D. Erding und Ehrenbürger der Stadt Weiden.
Die Diskussion ist eröffnet.