Minimal & Mehr
Albert Lohr, Klaus Hilgendag, Axel Höptner, Anne Sterzbach, Sabine Straßburger
28.06.—31.07.02
Info
Spätestens seit den neodadaistischen Mischformen von Fluxus und Pop-Art hat sich auch in der breiteren Öffentlichkeit die Erkenntnis durchgesetzt, daß der künstlerische Ausdruck nicht mehr wie im 19. Jht. und weitgehend auch noch in der klassischen Moderne klar definierten Medien wie Malerei oder Bildhauerei verpflichtet ist. Das überzeugendste Beispiel dieser Entwicklung, Christos Reichstagsverhüllung, das sich wie eine urdemokratische Abstimmung über die Freiheit der Kunst ausnahm, offenbart, daß an der Kunst nicht nur die Inhalte sondern eben auch die Herstellungsart frei ist.
Dabei spielen Malerei und Zeichnung, auch wenn sich die Flachware (als Verkaufsgut, Einstiegsdroge und Selbstfindungsmittel) größter Beliebtheit erfreut, innerhalb der Erneuerungszonen heutiger Kunst eine eher untergeordnete, aber vitale Rolle. Totgesagt wurde die Malerei dabei oft. Auch die documenta 11 bekräftigt wieder einmal mehr die Dominanz einer Bildkunst, die außerhalb des Keilrahmens siedelt. Die linearen und farbigen Altmedien aber treiben aus ihren expressiven, konstruktiven und konzeptuellen Verzweigungen immer wieder frisch aus.
Daher hat es sich der Kunstverein Weiden zur Aufgabe gemacht, neben der Vermittlung anderer Darstellungsformen aktueller Kunst, einem weiten Feld, regelmäßig auch über den Entwicklungsstand der Zeichnung und der einstigen Leitkunst Malerei zu informieren, soweit sich diese auf ihre Wurzeln, die klassische Festlegung beziehen, „bewegter Punkt“ bzw. „flächige Organisation von Farbe und Bewegung“ zu sein.
Die fünf Künstler/innen Albert Lohr und Klaus Hilgendag aus München, der Kölner Axel Höptner, die Nürnbergerin Anne Sterzbach und die Bremerin Sabine Straßburger, die der Kunstverein Weiden in den letzten vier Jahren kennengelernt hat und jetzt zu einer Gemeinschaftsausstellung verbindet, treffen sich in dieser Beschränkung auf das Minimale. Das Thema dieser Rubinisten und Poussinisten abstrakter Gegenwartskunst sind die elementaren Optionen von Farbe und Linie. Deren Bewegung, Zeichenhaftigkeit und ordnende Kraft erweisen sich in den meist flächigen, z. T. aber auch installatorischen Arbeiten als bleibendes Neuland, das allerdings erst beim Verzicht auf Figuration, Erzählung und Expressivität in Sicht kommt.
Bei der Ausstellungseröffnung soll es allerdings weniger asketisch zugehen. „Wußten Sie schon, daß ohne Kunst nichts wirklich geht?“ will man bei der Vernissage einen Ausfallschritt wagen, um festzustellen, daß in allem die Kunst die Hefe ist; sie macht aus den Dingen mehr als die Summe ihrer Bestandteile, Qualität nämlich. Das gilt für alle Lebensbereiche, für die Medizin ebenso wie für das Kochen und Backen, weshalb man ja auch von Heil-, Koch- und Backkunst spricht. Das gilt wohl für das Leben insgesamt. Daß es Qualität nicht immer leicht hat, sich vom Massenprodukt und vom Gutgemeinten zu unterscheiden, ist dabei ebenso alt wie die Tatsache, daß man Partner braucht. In diesem Sinne leben Ellies Vorstadt-Cafe und der Kunstverein Weiden seit längerem schon gut unter einem Dach. Jetzt versuchen der Cafe-Haus-Chef und Obermeister der Bäcker - Innung Rainer Sindersberger und der Vorsitzende des Kunstverein Weiden Wolfgang Herzer auch ein bereichsübergreifendes Projekt. Qualität findet man dort, wo sich Grenzen auflösen, WO ZB. ein Backwerk zum Gedicht wird, oder wenn Klaus Hilgendag (Rezept), der Münchener Maler, der auch gelernter Konditor ist, in der Max-Reger-Stadt nicht nur seine Bilder ausstellt. Zur Vernissage wird eine seiner Kreationen aus Sindersbergers (Ausführung) Backstube stammen. Probieren Sie ! Axel Höptner, auf dem zweiten Standbein „Barpianist“, wird das Treffen der Künste in Ellies Vorstadt-Cafe und Kunstverein kurz nach der WMEntscheidung um den dritten Platz mit seinem Klavierspiel abrunden. Sie sind herzlich eingeladen! Das vorausgehende Fußball-Match wird im Gastraum übertragen. Um 16 Uhr wissen wir mehr.