PASST VIII – In Bewegung
Mitgliederausstellung im Kunstverein Weiden
18.01.—17.02.13
Info
Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
Im Kunstverein Weiden PASST es im 20. Jahr seines Bestehens zum achten Mal. Juryfrei wie immer. Das heißt ohne Eingangs-Beschränkung, trotzdem kein Laisser-Faire, die Atmosphäre, auf dir wir hier treffen, sagt vielmehr: Laboratorium, Ausprobieren, Experimentieren, sich das Unvorhersehbare zumuten, sich der Überraschungs-Chemie öffnen, die in der Heterogenität der bildnerischen Gemengelage verborgen ist und, wenn es passt, zur Reaktion kommt.
Jeder Ausdruck kreativer Lust, in dem sich unsere Mitglieder artikulieren wollten, war willkommen! Diesmal ging es um das In-Bewegung-Sein, um den Herzschlag im Inneren und die Veränderung im Äußeren.
Bewegung ist physikalisch die Veränderung der Lage eines Körpers im Raum, die immer Zeit erfordert. Bewegung heißt Leben, das Fehlen einer Bewegung führt zu Erstarrung, Stillstand, Tod.
Bewegung erleben und beobachten wir an allem, was da kreucht und fleucht, in Natur und Technik, auf der Erde und im Kosmos, an allem, was überhaupt ist, an Pflanzen, Tieren, Menschen, Maschinen und dies in all seinen energetischen Aggregat- Zuständen und Transformationen, und alles bewegt sich in der Zeit und hat seine Zeit.
... Ist im Prozess, das Atelier als Labor. Kunst als Experiment. Als Aufbruch, als Unterwegssein.
Dazu passt gut Uwes Müllers Rednerpult, ein Geschenk des Künstlers, von dem aus ich heute zu Ihnen sprechen darf, es beinhaltet Elemente eines Reagenz-Glases und steuert zum Thema Aufbruch und Bewegung eine Windschutzscheibe und zwei Fahrradräder bei. Ja ja, das gute alte Fahrrad-Rad! Aus der stürmischen Frühzeit der Moderne!
Und das heißt auch, wieder einmal die Gelegenheit zu haben, an Dada und den großen Freigeist der Kunst Marcel Duchamps zu denken, der bei der großen juryfreien Schau der Society of Independent Artists im New Yorker Grand Central Palace im April 1917 mit einem Urinal vertreten war, dem praktisch ersten Objekt-Kunst-Werk, was zu einer epochalen Kontroverse über den Kunstbegriff führte, deren Früchte wir heute noch ernten.
Und wieder ist „in da Weidn“ dem Freisinn folgend ein großes Ausstellungs-Patchwork zusammengekommen, diesmal mit einem ausgesprochen plastischhaptischen, raumgreifenden Akzent. Das fällt auf, das ist eine echte Veränderung, das sagt etwas!
Ist es Symptom?
Der Fußtritt von Severin Kirschner, von hier aus links an der Zwischenwand, zielt er nicht in diese Richtung? Das Objekt von Axel T Schmidt mit dem Licht am Ende des Tunnels, ist es nicht Symbol dafür?
Dass etwas geht, das haben wir vor just einem Jahr erlebt, als wir es mit vereinten Kräften schafften, dass aus 200 300 Vereins-Mitglieder wurden, als unser Team das Votum vieler Weidener erhielt: Weitermachen, wenn nicht, dann würde was fehlen! Eine regional einzigartige Verbindung aus Kunst und exaltierendem Leben. Nennen wir das Kind mit der Kronkorken-Assemblage von Christine Mößbauer beim Namen: Es ist die symbiotische Verbindung aus Kunst und Kneipe, die letztes Jahr schicksalshaft wurde.
Zusammengehörigkeits-Geist-und Kompetenz, die dann mit dem Groß - Projekt VEREINT gekrönt wurden. Unter Federführung von Josef Gebhardt wurden die Weidener Vereine im Kunst-Sinn vereint, und der Kunstverein konnte hemmschwellenfrei ein Verein wie jeder andere sein,
Und jetzt ein Jahr später! Diese Ausstellung hier! Das Ganze, wirkt es nicht auf einander eingespielter und zusammen-gewachsener als sonst, aus sich herausgehender und intuitiv zusammenhängender als sonst, homogener und mannschaftlich gestandener als sonst.
Eine 50 köpfige Mannschaft tritt an und spielt sich zu. Ein Treffer folgt dem anderen. Tor! Tor! Tor!
Es sind so heiße Sachen hier zu sehen. Vor allem die vielen Maschinen, Objekte, die sich mit ihren Angeboten für neue Sichtweisen auf die Realität in unseren Bewegungsraum mischen, sie stellen sich zwischen uns, bugsieren uns an die Schwelle zwischen Wahn und Wahrheit und verlegen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit neu.
Haben die Wiederholungen Jahr für Jahr jetzt beim achten Mal zu einem qualitativen Sprung geführt und haben sie dabei die Veranstaltungs- Teilnehmer zu Shareholdern einer ungeahnten gruppenpsychologischen Kohäsion gemacht, gibt es so etwas wie ein überraschend angewachsenes Zugehörigkeits-Kapital, das den Ausstellungsraum zum Gemeinschaftsraum vergoldet.?
Auf der symbolischen Ebene allemal. Unser wackerer Grenzgänger zwischen den Weidener Kunstwelten Uwe Müller hat sich einen lang gehegten Traum verwirklicht. Ein Gemeinschaftsbild schaffen, das die strittigen Unterschiede, die das Dasein in Bewegung halten und den Krieg zum Vater aller Dinge machen, im Menschsein aufhebt. Da ist es: Ein Gruppenbild der besonderen Art! Die Portrait-Fotos an den Exponaten, annähernd schlüsselloch-kleine Bilder, durch die Privates einströmt und den Ausstellungsraum zur mentalen Therme macht. Der sprechende Charakter der Ausstellung verstärkt sich. Das symbolisch passende Objekt dazu stammt von Andreas Frischholz, steht im gelben Raum, den Andy vor Jahren, als er hier Praktikant war, in diesem Gelb ausmalte.
Verrückte Verbindungen, Kreuz und Quer-Bezüge, in denen sich die von mir angesprochene Atmosphäre verdichtet, gibt es unzählige, und der Raum ist, sonst wäre es kein Kunstraum, ein Speicher ungezählter Atmosphären, vieler Flaschengeister, die uns zuklopfen, damit wir die Stöpsel öffnen. Ich will nicht alle aufmachen, habe es selber nur kurz vorgemacht. Lade Sie vielmehr ein, es selber zu machen, und zwar zusammen mit einer Spezialistin, Annette Rösl. Unser Team-Mitglied Annette Rösl unterhält eine Schreibwerkstatt und lädt immer wieder zum kreativen Schreiben ein, im Ausstellungs-Zusammenhang lädt sie zum Fr., den 13. 12. um 19 Uhr hierher ein.
Damit würde eine andere lang gehegte Vorstellung wahr, über die schon oft gesprochen wurde. Die PASSTAusstellung als Kommunikations- Rahmen, in dem die Kunstwerke sprechen, sie aber auch ihre Schöpferinnen und Schöpfer selber zum Sprechen und Sich-Kennen- Lernen animieren sollen.
Die Ausstellung als soziales Projekt. Dafür ist heuer insbesondere der 15. Dezember vorgesehen gewesen, der Tag der Offenen Türe, als Novum wären dann in unserem Klein-Kunst- Angebot die Bild-Beschreibungs- Früchte vom 13ten enthalten, die Sie zusammen mit Annette geerntet hätten.
Machen Sie doch mit am 13ten. Freitag der 13te. Fordern Sie das Schicksal heraus, entdecken Sie ihre unbekannte schreiberische, eigenschöpferische Seite. An der Türe, hinten rechts um die Ecke zum Treppenhaus-Eingang hin finden Sie einen entsprechenden Anschlag mit weiterführenden Informationen.
... dass die Einzel-Teile der Ausstellung so stimmig zusammengepasst wurden, verdanken wir Uwe Müller und Wolfgang Roy, die sich schon in den letzten Jahren als Hänge-Team verdient gemacht haben, und dem anschließend möchte ich mich bei auch allen anderen bedanken, die zum Gelingen dieser Ausstellung als einem Gemeinschaftswerk beigetragen haben. Besondere Erwähnung muss Claus Bergler finden, der alle technischen Betriebs-Details kennt und sich deren Pflege zur Aufgabe gemacht hat, und die kennt er so gut, weil er selber schon fast 20 Jahre lang ein solches Betriebs-Detail ist.
Lassen Sie mich zusammenfassen, abschließen und ans Advents-Türchen zum nächsten Jahr klopfen.
Die Kunstvereins-Gesamtlage ist dank vieler neuer Mitglieder, die seit Weihnachten letzten Jahres beigetreten sind, zusehends dabei, sich zu stabilisieren. Um die Zukunft des Vereins finanziell sicher zu stellen und von Außen-Förderung unabhängiger zu sein, ist er auf einem guten Weg.
Der Kunstverein Weiden ist wieder in Bewegung gekommen, darum auch der Titel, als Anstoß zur Reflexion. Weihnachten 2013 zählte der Kunstverein Weiden 200 Mitglieder. Inzwischen sind es 300 Personen aus Weiden und von anderswo, die den Verein unterstützen. Er könnte noch mehr Fahrgäste und Fahrt aufnehmen.
Mit dem Thema der diesjährigen Mitgliederausstellung: „IN BEWEGUNG“ sollen mit vielen kreativen Ideen und dem "antörnenden" Klima, das diese Ideen und ihre Erzeuger und Fans zusammen erzeugen, weitere Fahrgäste zum Einstieg in den Kunstverein Weiden animiert werden.
Die Mitglieder-Ausstellungen, diese inspirierenden Patch-Works- Ausstellungen zwanglosen, toleranten, fröhlich-bewegten Miteinanders, sind bisher die beste Werbung gewesen. Sie machen Lust, dabei zu sein.
Hoch die Tassen, wie Horst Eckert auf Facebook sagt, es ist in Bewegung und es bleibt spannend, steigern wir besagte Dabei-Seins-Lust mit dem Inhalt besagter Gefässe.
Wolfgang Herzer