Quite Early One Morning
Weidener Talente an den Akademien. Edith Deyerling (Frankfurt), Mascha Lang (Hamburg),
Ines Reichert (Berlin), Nina Schmidt (Kassel), Kerstin Schrems (Berlin), Dominik Steiner (München), Markus Voit (Kassel)
14.12.02—14.01.03
Info
Weihnachten ante portas, Konsum ist erste Bürgerpflicht, da lässt man die immateriellen Wertstücke echter Gefühle lieber im Safe; umso erfreulicher, daß wir Ihnen kurz vor dem Fest zwei glänzende Angebote machen können, deren Warenwert dabei völlig offen ist.
Der Kunstverein Weiden präsentiert am 13. Dezember Arbeiten von sieben Kunststudent/innen aus Weiden und als Jahresgabe 2002 den Siebdruck des zur Zeit umstrittenen Stadtlogos.
Die Ausstellung „Quiet Early One Morning“, die unter dem Dylan-Thomas-Zitat über den Entwicklungs-stand von sieben Weidener Akademiestudent/innen berichtet, widmet sich dem frisch nachwachsenden Kreativ-Rohstoff der Kulturstadt.
Hatten wir 1999 - 2001 Oberpfälzer Vertreter/innen der JUNGEN KUNST, 10 mehr oder weniger frische Studienabgänger/innen auf dem Feld künstlerischer Professionalität, ausstellerisch und in der Vermit-tlung von Unternehmenspartnerschaften begleitet, so wollen wir mit dieser und möglichen Folgeveran-staltungen die Aufmerksamkeit auf den künstleri-schen Ausbildungsplatz und dessen Inhaber und Bewerber richten.
Jenseits aller persönlichen Reminiszenzen des Ausstellers an die Zeit, als er selber noch „jung und leicht war unter den (walisisch-oberpfälzischen) Apfelbäumen“, ist „Quiet Early One Morning“ ein durchaus passendes Motto für eine Student/innen-Ausstellung. Selber ein Stück erfüllten künstlerischen Anspruchs vereint es Poesie, die Quintessenz des Schöpferischen, mit der Notwendigkeit, früh aufzustehen, weil der Galerist im wirklichen Leben nicht von selber anklopft. Brrr! Wenn wir die kalte Morgenluft hereinlassen, dann nicht um angesichts der bestehenden Künstlerschwemme und der Bilderhalden nur zu ernüchtern oder zu entmu-tigen. Angesagt ist Mut zum richtigen Handeln. Dazu gehört als erstes, daß der Nachwuchs die Selbstzu-friedenheit der heimatstädtischen Kunstszene ab-schüttelt und auf dem Prüfstand Akademie, in der Auseindersetzung mit Professor/in, Kollegen-Konkurrenz, Kunstgeschichte und Markt seinen Lebenstraum gegenüber der Wirklichkeit in ein fruchtbares Verhältnis zu bringen versucht.
Daß man dort vom Regen in die Traufe kommen kann, ist eine kulturpolitische Tatsache, der der Herausgeber der Kunstzeitung Karlheinz Schmid unter dem Titel „Reißt die Akademien ab!“ auch heuer wieder einige erboste Zeilen gewidmet hat.
Die sieben Weidener Kunststudent/innen, die un-sere Wünsche begleiten, haben allesamt schon im ocwe-modul, der Jugendabteilung des Kunstver-eins Weiden, ausgestellt, für einige war‘s zugleich die Abschiedsfete vor dem Aufbruch in die Akade-miestädte, um dort zwischen „Malerfürsten-Vereh-rung“ und offenen, teils auch sehr zugigen Klassen-strukturen auf eigene Beine zu kommen. Manche lernten bereits während ihrer Fachoberschul-Zeit als Praktikant/innen im Kunstverein ein Stück überre-gional orientierter Kunstwelt kennen (Nina Schmidt, Edith Deyerling, Ines Reichert), andere (Mascha Lang, Dominik Steiner) nützten die Neustädter Fi-scher-Schule, die Vorbereitungshilfe für die Auf-nahmeprüfung an den verschiedenen Akademien gibt, als Sprungbrett.
Aktuell entzünden sich in der Stadt Weiden, die als regionales Oberzentrum nach einer ihrer Funktion angemessenen Flagge sucht, die Gemü-ter über die Qualität eines Logo-Vorschlags. Zwei Rauten in den Stadtfarben Rot und Grün. Professor Uwe Lösch aus Düsseldorf hatte sich damit in einer immerhin hochkarätigen Fachjury gegen bundesweite und lokale Konkurrenz durchgesetzt. Doch was die Bürger/Innen via Zeitung auf den Frühstückstisch geflattert sahen, macht nach der Mehr-heitsmeinung nicht satt.
Es scheint ziemlich tief unter der Oberfläche zu liegen, was Uwe Lösch zeigen will, der in der Kunst-Welt zu Hause ist und auch für Fritz Schwegler, den Künstler der diesjährigen Grossen Rathausausstel-lung ein Plakat entwickelt hat. Was nämlich wie zwei platte Rauten aussieht, die sich knapp überschnei-den, ist eine Anleihe aus dem Bereich Konkreter Kunst und in Wahrheit ein komplexes, in sich mobi-les Raum-Gefüge. Trotz schneller Signalwirkung ist es nicht „Fast-Food“, was das Auge erhält. Es ent-deckt bei intensiverer Zuwendung eine Fülle der perspektivischen Kipp-Effekte, im Prinzip das ganze Regelwerk der optischen Täuschungen, das dem Auge eingeboren ist und [1]Ïdessen Anwendungen von den antiken Fußboden-Ornamenten bis zu Vasarelys Postern zum kollektiven Wissensbestand gehören. Im Zusammenspiel der roten & der grünen Quadratwand erfährt dabei das Auge die Idee der of-fenen, fortschrittlichen Stadt nicht - wie erwartet- in der deutbaren Gestalt überlieferter Symbole son-dern im funktionalistischen Spiegelbild seinerselbst.