Rudo Prekop
Fotografie Kooperation mit Galerie G4 in Eger
18.01.—17.02.02
Rudo Prekop wurde 1959 in Kosice (Slovakia) geboren, von wo aus Ende der Roaring Twentieth Andy Warhols Eltern, der Bergmann und Bauarbeiter Ondrej Warhola und seine Frau Julia, den Absprung in die Staaten gewagt hatten; Andys Geburtsort ist Pittsburgh (Pa).
Studium an der Film- und Fernseh-Akademie (FAMU) in Prag bei Prof. Jan Smok, freischaffender Fotograf, seit 1992 Lehrtätigkeit an der FAMU. Im Gedenken an den POP - Guru, dessen Todestag sich am 22. Februar zum 15. Mal jährt und der 1928 auch unter Mazaryk hätte zur Welt kommen können - was wäre er dann geworden?- , wird Prekop 1991 Mitbegründer und Ausstatter des „Warhols Family Modern Art Museum“ in Medzilaborce (Slovakia). Er lebt und arbeitet in Prag.
Der Künstler, der nach West-Begriffen als Vertreter der Inszenierten Fotografie“ und der „Individuellen Mythologie“ anzusehen ist, nahm an etwa 75 Ausstellungen u.a. in Deutschland, Russland, Litauen, Frankreich, Niederlande, Finnland, Österreich, Schweiz, Ungarn, Polen, Jugoslavien, USA teil.
Die Ausstellung setzt die Zusammenarbeit von Kunstverein Weiden und der Foto- Galerie 4 in Eger (Cheb/Tschechien fort, die beide der Kulturkooperative Oberpfalz KoOpf angehören.
Gezeigt werden ca. 40 großformatige Schwarz-WeißFotografien. Prekop ist ein monomaner Sammler und Spurensicherer. In seinem Prager Atelier sind Tausende von Scherben und anderen Fundstücken in Regalen aufbewahrt, eine Travestie der fürstlichen Wunderkammer, wo Kuriositäten aus aller Welt der schöpferischen Fantasie des uomo universale als Weideplatz gedient hatten. Aus diesem feudalen Gehege geistiger Habgier bildet Prekop eine Phänomenologie des NamenlosUnhabhaften unter den Zeichen von Ozonloch und Wegwerfgesellschaft. Hier erhält das objet trouvee, das sich jeder kategorialen Bestimmung entzieht und nur dem Augenblick des Findens gehört, sein Lexikon. Für jedes Foto der Serie "Still-Leben" stellte der Künstler aus diesem reichhaltigen Fundus extrem beleuchtete, filigran verspielte Objekt-Texte zusammen. Sie sind von der Atmosphäre der Rayogramme aus den Pioniertagen der Fotografie erfüllt. Im Spiel von überstrahlendem Licht und messerscharfer Schattenkante weisen sie sich als postmoderne Nachfahren des holländischen Stillebens und der Bauhausexperimente aus. Die alte Frage nach Haben und Sein, Licht und Schatten, Sichtbar und Unsichtbar, Materiell und Mental, die die Vanitasbilder in den bürgerlichen Handelshäusern bestimmte und die aber Prekop, der Ostkünstler, am allerbesten kennt, haben auch im Informationszeitalter nichts an Aktualität eingebüsst. Gleichwohl das geisterhafte Flackern der Kontraste an den expressionistischen Stummfilm, vielleicht an die Krisen-Gestalten des Golem, des Dr. Caligari erinnert, beinhalten Prekops Bilder mehr als einen nostalgischen Reflex. Es ist nicht das Licht der absoluten Wahrheit, das dem Betrachter in Prekops platonischen Welthöhlen zur Gefahr wird, sondern die ungefilterte hochsommerliche UV-Bestrahlung, die Krebs verursacht. An den Gittertoren flüchtiger Augenblicke, die die Schönheit aus Müll zusammengeschweißt hat, rüttelt King Kong, der wilde Reiter der Raumsonde Helios. Klick. Oft gibt es nur einen Abzug pro Bild. Eine sehr aufwendige und hingebungsvolle Art der Fotografie, die einem Ritual gleicht.
Lassen wir aber den Künstler im Text seiner tschechischen Kollegin Lucia Benicka selber zu Wort kommen: „, ZATISIA - STILL - LIVES“
Rudo hat eine kleine, versteckte Speisekammer zu Hause. Die Regale sehen aus, als ob sie vom Flohmarkt kämen. Eine Requisitenkammer. Dort sammelt er alles - Stück für Stück - wie eine Ameise. Alles was er mag. Jedes Stückchen Glas, kaum, daß er es vom Boden aufgehoben hat, wird es zusammen mit anderem Abfall zu kleinen „AltarSkulpturen“ zusammengefügt - den Stillleben. Stillleben über alles mögliche: Leben, Leute, Natur, die kleinen und großen Welten. Rudo nennt sie einfach TRIBUTES und MONUMENTS.
„Während der letzten 2 Jahre arbeitete ich gleichzeitig an verschiedenen Zyklen: REALITIES, die in der Natur entstanden. In „ARRANGEMENTS“ mische ich mich sanft in die Wirklichkeit ein, d. h. ich dringe vom Äußeren ins Innere vor und verändere dementsprechend das vorgegebene Bild der Wirklichkeit. Diese Position steht im Einklang mit den vorhergehenden „STAGINGS“, nur, was ich früher mit ausgewachsenen Personen arrangierte, verwirklicht sich nun in kleinem, deutlich reduziertem Maße auf meinem Schreibtisch. In Stilleben (STILLLIVES) sind die tragenden Elemente Dinge, die ich einfach so finde, meistens auf Müllhalden außerhalb Prags, wo es die größte Auswahl gibt. Zuallererst bin ich an transparenten Objekten interessiert. Ich stelle sie zusammen und fotografiere sie unter einem Leitmotiv. Ich würde es nie wagen, Objekte wiederherzustellen. Dazu fühle ich mich nicht in der Lage. Ich fürchte, sie nur zu beschädigen. Wirklich vollkommen sind sie in der Verfassung, in der sie die Menschen weggeworfen haben und ich belebe sie nur irgendwie - oder, um genauer zu sein - ich recycle sie. So also mache ich meine STILL-LIVES“. Aus Platzmangel beseitigt Rudo seine Anordnungen sofort wieder. Denn die winzige Wohnung dient ihm auch als Atelier. Ein kleiner Tisch und die weiße Wand sind dabei zum Stammplatz seiner Rituale geworden. Er fotografiert nur, was er vorher aufgestellt hat. Die sorgfältig konstruierte Welt verschwindet gleich, nachdem sie abgelichtet wurde. Jede Einzelheit hatte dabei ihren konstruktiven Sinn besessen gehabt, eine tiefer gehende symbolische Bedeutung aber interessiert ihn nicht. Rudo mag Joan Fontcuberta (so wie ich), die Natur und all ihre bizarren Formen, er geht (mit seiner Kamera) in urwüchsigen Wäldern auf Jagd, er arbeitet an einem Buch (über Andy Warhol) und er hasst Routine.
„Plötzlich werde ich von der größten Furcht überfallen, mich selbst zu wiederholen oder leer und träge, gewissermaßen mechanisch zu werden. In dem Augenblick, wo der Such-Drang - eine Art Fieber - verschwindet, gehe ich mir selber verloren und immer wenn ich das Gefühl habe, daß ich auf einem Gebiet allzu sicher bin, dann ist dies das Zeichen, auf unbekanntes Terrain zu wechseln, so dass der Such-Drang wieder anspringt... alles Gefühlssache...“