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Anfang der 80er Jahre ereignete sich am europäischen Kunsthimmel eine Art Super-Nova. Wo vorher die Verbildlichungen grauer Theorie prangten, leuchtete plötzlich wieder Ölfarbe auf riesigen Leinwänden auf. Der Kunstbegriff der 1970er Jahre, eine intellektuelle Engstellung, die die Malerei als kunsthistorisches Auslaufmodell deklassiert hatte, brach in sich zusammen. Das ist fast vergessen.
Was war geschehen? Hans-Jürgen Bröckl, dessen jetzt abgeschlossenen großformatigen Flossenbürg-Zyklus wir im Herbst zeigen werden, hatte damals als Student in der documenta-Stadt Kassel die Ereignisse hautnah miterlebt. Letztings bei Kaffee und Raumvermessung für sein Siebenmeter-Bild erinnerte er sich an ausverkaufte Ausstellungen, deren Quadratmeterzahlen und Preise das junge Semester schwindelig gemacht hatten. Die Neuen Wilden befriedigten einen lang angestauten „Bilder-Hunger“ . Mit der Präsentation , Die Neuen Wilden“, einem Erinnerungsstück und Graphikreigen, der die einstigen Rebellen vom Berliner Moritzplatz und aus der Mülheimer Freiheit 10 zu Köln und jetzigen Klassiker mit Zeitgenossen, Vorläufern und Nachkommen vereint, setzt der Kunstverein Weiden seinen Exkurs mit herausragenden Positionen deutscher Kunst seit 1945 fort. 1998 hatte er mit Arbeiten von AR Penck begonnen. 2000 war F.E. Walther. Von September bis Novem-ber 2002 sollen sich weiterhin die Ausstellungen ,,40 Jahre Fluxus“ und „Fritz Schwegler“ anschließen.
Malerei und Kunst gelten in der landläufigen Meinung als Synonym. Diesen Eindruck findet die Generation Jackson Pollocks (1912) ebenso wie die von Sigmar Polke (1941) beim Museumsbesuch bestätigt, gleichwohl es dort mittlerweile auch viele andere Dinge wie in Filz gewickelte Klaviere (Beuys) und in Kunstharz gegossene, mittig zersägte Kühe (Hirst) zu sehen gibt. Die berühmte Frage, die Joseph Beuys Mitte der 1960er Jahren seinem Schüler Jörg Immendorff gestellt haben soll: „Was, Sie malen noch!“ scheint ebenso wie die Antwort des Gescholtenen, das Bild mit dem Titel „Hört auf zu malen!“, mehr dem Märchen als der Kunstgeschichte anzugehören.
Tatsache ist, daß die Malerei nach dem Umbruch der1960er Jahre, die die Grenzen zwischen den klassischen Künsten einerseits und dem Alltag andererseits auflöste und dabei dem Nachwuchs eine unüberschaubare Fülle neuer Darstellungsformen bereitstellte, unter all diesen Neuerungen eher alt aussah. Campels Suppendose oder der gemalte ComicRasterpunkt waren vielleicht freche Themen! Aber Malerei? Innovation in Farbe und Form?
Zwar versiegte nirgendwo in den 70er Jahren die Farbe und die Generationsvertreter der 1930erDekade Baselitz, Antes, Grützke sowie die Väter der späteren „Neuen Wilden“, Koberling und Hödicke, u.a. hatten sich mit nichtabstrakter Malerei, die später als „Neue Figuration“ in die Kunstgeschichte eingehen sollte, eine unübersehbare Außenseiterposition erobert. Doch insgesamt mußte der Betrachter den Eindruck gewinnen, daß die große Zeit der Malerei vorbei gewesen war. Oder fehlte ihm vielleicht nur die richtige Brille?