Wunderkammern
Felix Weinold
01.06.—08.07.07
Info
Was immer Felix Weinold sucht und findet, es sind Formen als Bilder. Formen, denen er Tag für Tag, bewusst, geplant oder zufällig auf der Spur ist. Doch interessieren ihn diese Formen eben in erster Linie wegen ihres Bildcharakters, nicht als Geschichten. Wo Weinolds Malerei dennoch vorgibt, Geschichten zu erzählen, wirken diese stets wie ausgelegte Fährten, die den Betrachter um das Zentrum des eigentlichen Werkes herumlocken, ihn im Wechselspiel zwischen Bildelementen banaler Alltagskultur und solchen von klassischer Schönheit, ja barocker Farbenpracht verwirren, ohne in ein fiktionales Geschehen Einblick zu gewähren. Der eigentliche Kern dieses Geschehens ist nicht die Geschichte, die ein Bild erzählt, es also zum Vehikel irgendeines Inhaltes machen würde, sondern die Geschichte eben jenes Bildes selbst, welche anhand vielfach übereinandergelegter Schichten und Ebenen spürbar und ästhetisch „lesbar“ wird.
Felix Weinold überlagert und fügt seine Gegenstände collagehaft zusammen, wie er sie zusammen sieht. Hat er sie erst einmal auf die Leinwand gebannt, und sind sie erst einmal in die Bildkomposition eingegangen, bilden sie nur noch ihr unterworfene Leerformen: Die inhaltlose Form ist für Weinold die befreite Form, die keinem Zweck mehr dient, als demjenigen, Areal einer neuen, eigenen Farbkomposition zu sein. Inhaltslosigkeit bedeutet in diesem künstlerischen Modell also nie Beliebigkeit. Inhaltslosigkeit bedeutet die höchste Form künstlerischer Freiheit.
Nicht der Inhalt, sondern der Malakt ist mithin der Kern: Weinolds Bilder sind „Erzählungen“ vom Malen.
Eine subtil modifizierende Verschiebung ist dem gegenüber in den fotografischen Arbeiten Weinolds auszumachen. Durch das Medium der Kamera geht Weinold aber auch wesentlich der Frage nach der Wirklichkeit der Bilder, der Verlässlichkeit unserer Wahrnehmung und dem Ineinanderfließen der darin enthaltenen, unterschiedlichen Informationsebenen nach. Die Bildinformation bewegt sich in allen präsentierten Beispielen in einem schmalen Zwischenbereich von dokumentierter Realwelt und entworfener Kunstwelt. Fotografie als Kunstsprache wird uns darin als ein meist gefahrloses, faszinierend ästhetisches Spiel am einen Ende der Skala vorgeführt. Am anderen aber als ein eklatantes Sicherheitsrisiko für die Grundlagen unseres Urteilsvermögens: Als das exakte Gegenteil dessen also, was wir ihr klassischerweise an Beweiskraft und Wahrheitsgehalt zubilligen. Gäbe es eine Botschaft des hier vorgestellten Werkkomplexes, so könnte sie lauten: Das Wesen der Bilder, ob gemalt oder fotografiert, liegt letztlich in der Kraft ihrer Fähigkeit zur Irritation. Einfach, klar und verblüffend schön.
Aus: Dr. Thomas Elsen, Leiter der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg Bereich 20.121. Jhd., "Medusa. Eine Ausstellung von Felix Weinold"